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ergriff! Aus Naturursachen, das heißt aus Sinneseindrücken, erge-
ben sich immer nur Gedanken über Naturursachen, Sinneseindrücke!
Daher führen Nebel, Himmel, Erde, Regen, Donner, Blitz, Dürre,
Wunschträume wohl auf vergrößerte Sinneswesen, aber n i e m a l s
a u s d e r S p h ä r e d e s S i n n l i c h e n h i n a u s , — sie führen
niemals auf das Göttliche, Übernatürliche! Würden aber Nebel, Re-
gen, Donner, Himmel, Erde, Sterne, Sonne, Traumgebilde schon
mit dem Schauer des Übernatürlich-Göttlichen empfunden werden,
dann wäre eben in dieser inneren Empfindung des Übernatürlichen,
nicht aber im sinnlichen Anlaß der Ursprung der Religion gelegen.
Unweigerlich werden wir stets auf dasselbe Ergebnis hingeführt!
E r s t w e n n d i e G o t t e s v o r s t e l l u n g i m M e n s c h e n
l e b e n d i g i s t , k ö n n e n N a t u r e r s c h e i n u n g e n ,
T r a u m i n h a l t e , V e r s t o r b e n e , F u r c h t - u n d
W u n s c h o b j e k t e v e r g ö t t l i c h t w e r d e n und damit
die schon geborene Gottesidee mitformen helfen.
Aber nicht nur die naturalistische, auch die gegenteilige Erklä-
rung müssen wir ablehnen, jenen einfachen Supernaturalismus oder
Spiritualismus nämlich, welcher die Religion handfest aus Götter-
oder Geisterbelehrungen, aus einem De u s e x ma c h i n a ableitet-
kurz aus unvermittelten Gotteserscheinungen, äußerlichen / Offen
barungen. Eine Offenbarung findet, so behaupten wir, nicht nach
Art von außen an den Menschen herankommender Erfahrung statt,
sondern kann primär nur im Innern geschehen; und dazu bedarf es
bestimmter höherer Seelenzustände, bestimmter Wege höheren Er-
lebens, welche der menschlichen Seele konstitutiv zugehören müs-
sen.
1
A.
Die Q u e l l e n d e r R e l i g i o n u n d i h r e A u s g e -
s t a l t u n g
Nach allem Bisherigen sind es zwei Fragen, die wir zur Erklä-
rung des inneren Ursprungs der Religion beantworten müssen:
1. Wie kommt der Mensch zum Bewußtsein eines Übersinnlichen,
zum G o t t e s b e w u ß t s e i n ? ; ferner, da wir die Religion als
ein konkretes und reales Verhältnis des Menschen zu Gott erkann-
ten:
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Näher werden wir diese Fragen erst später zu behandeln haben, siehe unten
S. 288 ff.