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Ist hingegen das Übersinnliche dem Menschen schon zum Erlebnis geworden
und ein inneres Verhältnis zu diesem Übersinnlichen entstanden, nämlich die
Religion, — dann können und werden allerdings auch sinnlich-empirische Fak-
toren, wie sie die Empiristen hervorheben, einen Einfluß auf die konkrete Ge-
staltung der Religion erlangen. Sie tun es aber wesentlich nur im Sinne äußerer
Variationen und vor allem im Sinne des A b e r g l a u b e n s , tragen also we-
niger zur Entstehung als zur E n t s t e l l u n g der Religion bei. Auch wo das
nicht der Fall wäre, bedeuten sie stets nur ein nachträgliches, n i e m a l s ein
ursprüngliches Element.
Der Grund für alle diese verkehrten empiristischen Theorien
liegt zuletzt in dem unbesieglichen Zweifel an dem Sinn und Wahr-
heitsgehalt jeder Religion. Bevor wir daher die aufgeworfenen
Fragen weiter verfolgen, wenden wir uns einer allgemeinen Be-
trachtung zu, welche dem der Religion abweisend gegenüberstehen-
den neuzeitlichen Menschen gilt. Wir wollen ihm zeigen, daß das,
was ihm so schwer fällt sich anzueignen und was er an der Religion
als primitiv, künstlich und unwahr empfindet, allen Religionen ge-
meinsam ist; daß es sich dabei um innere Notwendigkeiten, um not-
wendige Kategorien aller folgerecht entwickelten Religiosität han-
delt.
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