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Daß Dilthey in der Tat seinen Beweis für eine bestimmte Gestal-
tung der erkenntnistheoretischen Beziehungen bis zur Durchfüh-
rung suspendieren muß, wird uns hier noch von einer andern Seite
klar. Das soziologische Problem ist in solcher Rücksicht gänzlich
grundlos, so lange es nicht von einem formalen Gesellschaftsbegriffe
aus bestimmt werden kann. Daher enthält es ohne diese Bestimmung
für eine solche Erörterung keine materiellen, sondern bloß formale,
das heißt in seiner einfachen Verschiedenheit als Problematisations-
prozeß liegende Anhaltspunkte, welche, wie wir sahen, eben zur
Führung eines methodologischen Beweises nicht hinreichen. Was
zuletzt auf diese Weise noch klar wird, ist, daß das, womit Dilthey
seinen Plan der erkenntnistheoretischen Grundlegung begann, ma-
t e r i e l l e A n a l y s e n über die gesellschaftlichen Teilinhalte
waren. — Es ist ersichtlich, daß sich die Mangelhaftigkeit jenes Pla-
nes der erkenntnistheoretischen Grundlegung auch darin offenbart,
daß nicht mit ihr begonnen wird, sondern der Aufbau gewisser-
maßen von einer induktiven Seite her versucht wird. Nennen wir
diesen induktiven Versuch als materielle Auseinanderlegung der
sozialen Wirklichkeit in ihre Teile, einen m a t e r i a l e n G e -
s e l l s c h a f t s b e g r i f f , so können wir sagen: daß es zwar
prinzipiell nicht unmöglich ist, vom materialen Gesellschaftsbegriffe
zum formalen aufzusteigen, daß aber vom materialen Gesellschafts-
begriff zur erkenntnistheoretischen Grundlegung kein Weg führt.
Dilthey hat diesen letzteren Weg versucht; und wenn auf diesem
Versuche auch nicht das Schwergewicht seiner Bestrebungen gelegen
ist, so ist der damit bezeichnete Grundfehler Diltheys doch für ihn
a l l g e m e i n gültig: daß die methodologische Grundfrage aller
Sozialwissenschaft vom Verhältnis der abstrakten Teile zueinander
und zum Ganzen nicht auf das Problem eines allgemeinen formalen
Begriffes der Gesellschaft basiert wurde. Es ist der tiefste Mangel
und der durch nichts mehr gutgemachte Fehler des Diltheyschen
Programms. Denn nur einem formalen Begriffe von dem, was alles
Gesellschaftliche prinzipiell ist, kann das Für und Wider in der
Grundlegung der Sozialwissenschaften entnommen werden.