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Zu diesen Erscheinungen der Z u s a m m e n s e t z u n g der
Gesellschaft kommen noch die der V e r k n ü p f u n g ihrer Teile
zu einer gesellschaftlichen Einheit hinzu. Die Verknüpfung ist gege-
ben einmal in der p s y c h i s c h e n W e c h s e l b e z i e h u n g
der sozialen Personen überhaupt — Gesellschaftsbewußtsein — und
in den ä u ß e r e n V e r a n s t a l t u n g e n und ihren Funktio-
nen, die in der praktischen Verwirklichung aller Wechselbeziehungen
zustande kommen — Gesellschaftskörper.
Von da aus ergibt sich dann folgende Hauptübersicht der sozialen
Tatsachenkreise, beziehungsweise der verschiedenen Betrachtungs-
arten, denen die Gesellschaft unterliegt.
Die Gesellschaft ist zu betrachten:
1.
in ihrer Weltstellung, das heißt in ihrem Zusammenhange mit
dem Kosmos;
2.
als reiner Bewußtseinszusammenhang der sozialen Personen,
das heißt in der Geistigkeit ihres Lebenszusammenhanges, also
als Gesellschafts b e w u ß t s e i n ;
3.
in ihren ä u ß e r e n Einrichtungen und den Funktionen der-
selben, das heißt als G e s e l l s c h a f t s k ö p e r ;
4.
in ihrer Entwicklung;
5.
, in ihrer Verbildung und Entartung und den Erscheinungen der
Bekämpfung derselben.
Die Betrachtung der Gesellschaft sub 1, 4 und 5 müssen wir über-
gehen, trotzdem insbesondere die Behandlung der sozialen Entwick-
lungserscheinungen durch Schäffle eine sehr fruchtbare und origi-
nelle ist
1
.
1. Die G e s e l l s c h a f t n a c h i h r e r I n n e r l i c h k e i t
( d a s h e i ß t a l s B e w u ß t s e i n s z u s a m m e n h a n g d e r
s o z i a l e n P e r s o n e n ) o d e r d a s G e s e 1 1 s c h a f t s b e -
w u ß t s e i n
2
.
Die Betrachtung des Gesellschaftsbewußtseins für sich ist nicht
dadurch möglich, daß ein solches etwa selbständig für sich existierte
1
Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl., Tü-
bingen 1896, S. 266 ff.
2
Albert Schäffle: Landwirtschaftsbedrängnis, a. a. O., S. 321 f. und 478—508;
Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl., Tübingen 1896, S. 176—265.