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beruht Wesen und Funktion der Güter auf den Z w e c k e n u n d
F o r m e n d e s m e n s c h l i c h e n H a n d e l n s , und die Gü-
ter müssen daher in ihren F u n k t i o n e n erfaßt werden. Schäffle
unterschied sie zunächst in solche, welche der Wechselbeziehung der
Individuen unmittelbar dienen, ja sie erst ermöglichen: Güter der
Mitteilung oder Symbolisierung der Ideen (Bildwerke, Druck,
Schrift; Wort, Ton, Gebärde usw.); sie dienen dem i d e e l l e n
H a n d e l n (nämlich dem Sprechen und Hören, Schreiben und Le-
sen usw.); alle anderen Güter dienen dem p r a k t i s c h e n
H a n d e l n , das heißt jenem Handeln, das eintritt, nachdem durch
die Güterfunktion der ersteren Art die Wechselbeziehung der Indi-
viduen ermöglicht und sichergestellt ist
1
. Die praktischen Güter-
funktionen sind: N i e d e r l a s s u n g , S c h u t z , H a u s h a l t
und Technik. Im ganzen sind also fünf Güterfunktionen vorhanden,
davon vier praktische und eine allgemeine ideelle, auf denen die
Existenz der Gesellschaft beruht.
Dem funktionellen Zusammenhalte der Gesellschaft durch die
Güterfunktion des Ideenaustausches (der Mitteilung) steht entwick-
lungsgeschichtlich die Tradition oder Ü b e r l i e f e r u n g der
Ideen der früheren Generationen zur Seite. Der innere Zusammen-
hang der Individuen, der die Gesellschaft bildet, wird demnach her-
gestellt durch Mitteilung und Überlieferung. Die G e s e l l -
s c h a f t w i r d a l s o a l l g e m e i n a l s g e i s t i g e r K a u -
s a l - u n d E n t w i c k l u n g s z u s a m m e n h a n g e r f a ß t .
Wie sich im b e s o n d e r e n die formelle Differenzierung und
der funktionelle Aufbau dieses geistigen Kausal-Zusammenhanges
vollzieht, ergibt sich hinsichtlich der äußeren Einrichtungen oder
Anstalten der Gesellschaft aus den Funktionen der Güter, hinsicht-
lich der sozial-psychischen Gebilde der Gesellschaft aus den Grund-
formen der geistigen Tätigkeit des Individuums unmittelbar selbst.
Diese sind: Vorstellen (Denken), Fühlen und Wollen, wozu noch
die Wirksamkeit eines transzendentalen (religiösen) Elementes
kommt
2
.
1
Eng verwandt mit dieser Unterscheidung ist die S c h l e i e r m a c h e r s ,
der das Handeln als „organisierendes“ (praktisches) und „symbolisierendes“ oder
bezeichnendes unterscheidet.
2
Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl., Tübin-
gen 1896, S. 43 ff., 57 ff. und öfter.