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[308/309]

3. Die spekulativ-theologische Begründung.

Exoterische Vergröberung und Fabelei allein konnten aber

schwerlich dem Seelenwanderungsglauben eine so beherrschende

Stellung in den Religionen der alten Welt verschaffen, hätten sich

mit ihm nicht spekulativ-theologische Gedanken verbunden und

zwar vor allem solche, welche die Übel der Welt, das Böse, die

Sünde zu erklären und die Notwendigkeit einer S ü h n u n g ,

L ä u t e r u n g durch die Strafen der Einkörperung, z. B. in Tier-

leiber, zu begründen suchen, ferner auch solche, welche an die Kate-

gorie der Gottverwandtschaft anknüpfen.

Die Läuterung kennt ja auch das Christentum, allerdings nach

dem Tod, nämlich im F e g e f e u e r (einem bildlichen Begriff);

desgleichen lehrt Zarathustra und der Götterdämmerungsmythos

eine Läuterung in einem l e t z t e n G e r i c h t ; und das gleiche

Ziel hat die christliche Lehre von der W i e d e r b r i n g u n g

a l l e r D i n g e , άποκατάσταοις

1

,

sie bezieht sich sowohl auf die

Menschheit als auf die Natur (dagegen haben, nebenbei gesagt, die,

einen ähnlichen theologischen Zweck verfolgenden Bestimmungen

über die Ewigkeit der Höllenstrafen „keine dogmatisch bindende

Kraft“ wie es in dem Handbuch der katholischen Dogmatik heißt

2

).

Ebenso sind die, in der altindischen K a r m a l e h r e enthalte-

nen theologischen Spekulationen zu verstehen. Darnach wird das

Schicksal des Menschen nach dem Tod durch seine Taten im Leben

bestimmt (Karma = Werk, Tat). „Gut wird (das heißt ein gutes

Schicksal erhält) einer durch gute Tat, böse durch böse / Tat“ (im

Jenseits)

3

. Der gute Mensch, nach den Upanischaden derjenige, wel-

cher weiß „ich bin der Atman“, den also Erkenntnis erlöst (Erkennt-

Reste urältester Überlieferung. — Eine philologische Stoffsammlung gibt Walter

Stettner: Die Seelenwanderung bei Griechen und Römern, Stuttgart und Berlin

1934.

1

Apostelgeschichte 3, 20—21, Römerbriefe 8, 19 ff., 1. Korintherbrief 15, 24 ff.,

2. Petrus 3, 10 ff.

2

Matthias Joseph Scheeben-Leonhard Atzberger: Handbuch der katholischen

Dogmatik, Bd 4, Freiburg i. B. 1898, Neudruck 1927, S. 829.

3

Brihadaranyaka-Upanishad 2, 1, 20. — Vgl. zum folgenden auch Otto

Strauß: Indische Philosophie, München 1925, S. 53 ff. — Das anschaulichste Bild

dieser indischen Vorstellungswelt liefert das „ J a t a k a m “, das Buch der Er-

zählungen aus früheren Existenzen Buddhas, aus dem Pali zum ersten Male voll-

ständig ins Deutsche übersetzt von Dr. Julius Dutoit, 6 Bde, Leipzig 1908 ff.