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Ob es sich hierbei (a) um ununterbrochenes Absinken, aber (b) um
teils doch wieder nach oben führende Vorgänge oder (c) um einen
einmaligen Absturz, dem dann eine stete Aufwärtsentwicklung
folgte, handelt — kann deduktiv nicht entschieden werden.
Diese Entekstatisierung führt in jedem Fall zunächst zu einem
Herabsinken vom mystischen in einen m a g i s c h e n Zustand.
Die Rückverbundenheit im Allerhöchsten und Einen weicht einer
Rückverbundenheit in immer niedrigeren Zentren, womit, wie das
oben ausgeführt wurde, die V i e l g ö t t e r e i gegeben ist
1
. Aus
der Gebundenheit in Gott wird eine Verstrickung in irdische, gei-
stige und natürliche Gewalten. Denn das ist das Wesen der Magie,
sich mit den immateriellen Zentren geistiger Mächte und der Ma-
terie in Rapport zu setzen. Und je tiefer die Magie selbst sinkt,
um so tiefer sinkt auch die Verstrickung in die Welt, so daß sie
zuletzt im Dämonischen, Chthonischen endet.
Beispiele für die magische Bestimmtheit der alten geschichtlichen
Kulturen boten sich früher schon in Hülle und Fülle. Was wir vom
höchsten Altertum, sei es der Sumerer, Babylonier, Assyrier, Ägyp-
ter, Inder, Chinesen, Germanen wissen, lehrt überall, daß ihr Le-
ben, obgleich in der Führung mystisch bestimmt, so doch mit Ma-
gie völlig durchsetzt war; und bei den Naturvölkern ist es vollends
offenkundig.
Gehen wir auf noch ältere Zeiten zurück, die H ö h l e n -
m a l e r e i e n v o n A l t a m i r a in Nordspanien, die, dem alten
Diluvium angehörig, auf einige zehntausend Jahre geschätzt wer-
den, so kommen wir vom Mystischen allerdings noch mehr ins Ma-
gische. Diese Felsenbilder sind bekanntlich von höchster, unüber-
trefflicher Meisterschaft, welche aber eher auf eine magische Ver-
lorenheit in die Tierseele als auf mystische Entrückung hindeutet.
Dazu kommt der offenbar praktische Zweck, die Magie der Jagd.
In dieselbe Richtung deuten auch die vielen anderen, seither von
Frobenius gefundenen F e l s z e i c h n u n g e n A f r i k a s und
die Malereien der Buschmänner, die übrigens stets primitiver sind,
aber die magischen Beziehungen ebenfalls erkennen lassen — zu-
gleich ein lehrreiches Beispiel dafür, daß das Ä l t e r e n i c h t
g r u n d s ä t z l i c h d a s P r i m i t i v e r e s e i ! Denn die voll-
1
Siehe oben S. 189 f.