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kommenen Zeichnungen von Altamira sind die älteren. Auch von
den Zeichnungen der Indianer, Australneger und Weddas wird die,
durch Altamira bezeugte Kunst des / Diluvialmenschen nicht er-
reicht, von den größten Meistern der Antike und Renaissance nicht
übertroffen.
Neben diese magischen Zeugnisse sind unseres Erachtens die
S o n n e n b i l d e r zu stellen. Die berühmte Sonnenscheibe von
Trundholm ist heute nicht mehr das einzige Sonnenbild der älteren
Bronzezeit. Alle Sonnenbilder jener Zeiten sind primär nicht als
bloßer Gestirndienst zu deuten; vielmehr sind wir berechtigt, sie
als S i n n b i l d e r m y s t i s c h e r L i c h t e r f a h r u n g zu
verstehen. In verschiedenen Zusammenhängen ergab sich uns ja
früher, wie das Sinnbild Gottes in der Welt die Sonne sei. Im an-
schaulichen Weltbild steht die Sonne in der Mitte und strahlt
Leben überallhin aus. Daher darf die Sonne nicht als bloße Ge-
stirngottheit hier gefaßt werden — was sie außerdem und exote-
risch war —, sondern auch in der höchsten, der mystischen Bedeu-
tung. Auch für Echnaton
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und die altägyptische Re-Religion über-
haupt darf unseres Erachtens nicht die Sonnen s c h e i b e als maß-
gebend betrachtet werden; vielmehr ist die Scheibe, das Gestirn, als
die Darstellung der mystischen Urgottheit auf der Stufe der Ma-
terialität, der Weltlichkeit zu verstehen.
Schließlich dürfen wir noch auf die für uns Heutige geradezu
unfaßbar hohe k ü n s t l e r i s c h e V o l l e n d u n g s t e i n -
z e i t l i c h e r W a f f e n u n d G e r ä t e verweisen. Zum Bei-
spiel begegnen uns Feuersteindolche, welche neben die Werke größ-
ter Meister geschichtlicher Zeiten zu stellen sind — von der Höhe
der technischen Kunst dabei gar nicht zu sprechen. Eine andere
Erklärung für solche Leistungen als mystische und magisch-eksta-
tische Geisteshaltung jener Menschen scheint uns nicht möglich.
Von der in den Felsenbildern bezeugten magischen Bestimmt-
heit jener altersgrauen Zeit dürfen wir nicht schließen, daß die
mystische Ader damals völlig vertrocknet gewesen sei. Führende
Geister werden auch damals noch die höchsten mystischen Erfah-
rungen erstrebt und erreicht haben, was uns besonders die früher
erwähnte T r e p a n a t i o n zu erweisen scheint. Echte Mystik ist
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Amenophis IV.