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bildlicher Darstellung — die Seele im Vorleben die Ideenwelt ge-

schaut habe, so daß sie die Ideen aller Dinge latent in sich trägt.

Alles Lernen ist dadurch Wiedererinnerung (Anamnesis). Nach Pla-

ton und Aristoteles wie nach Eckehart ist demnach die Seele der

Inbegriff aller Ideen (und Dinge). Aber nach Eckehart ist sie dies

kraft ihrer göttlichen Natur, kraft ihres Innebleibens in Gotte,

während sie in der äußeren Welt weilt kraft ihres Mitlebens mit

Gott.

Karrer und zum Teil vor ihm schon Josef Bach und Heinrich

Denifle erwarben sich das Verdienst, Belege für die s c h o l a -

s t i s c h e Auffassung der Erkenntnis bei Eckehart beigebracht

zu haben, von der man vorher nichts wissen wollte. Nach dem Ge-

sagten darf man aber füglich im Zweifel sein, ob die Genannten

durchaus im Rechte seien. Es handelt sich dabei erst in zweiter

Reihe um die Frage, wieweit in den scholastischen Stellen eine „frü-

here Entwicklungsstufe“ vorliege oder die Belege unecht seien —

die Predigt 101 bei Pfeiffer scheint ja in der Tat sehr fraglida —;

vielmehr darum, Inwieferne die von Eckehart übernommenen

scholastischen Begriffswerkzeuge im Zusammenhange seiner Lehre

überhaupt von Bedeutung seien. Eckehart wandte solchen Fragen

keine Aufmerksamkeit zu und übernahm natürlich, was ihm die

Bildung seiner Zeit bot. Wo es aber um das Mystische selbst ging,

da entwickelte er, gleichsam unbemerkt und mühelos, seinen eigenen

Lehrbegriff.

So auch in der Lehre von der sinnlichen Erkenntnis. Um dem

Lehrbegriff der Sinneserkenntnis bei Eckehart auf den Grund zu

kommen, muß man tiefer sehen und jener letzten E i n h e i t

nachspüren, von der Eckehart im vorher Angeführten spricht. Die

Frage, welche Eckehart stellt, läßt die Vorstellung vom Abbauen

der Bilder beiseite und lautet vielmehr: wo liegt die letzte E i n -

h e i t von Seele und Sinnlichkeit, von Geist und Natur?

Wer die Naturphilosophie Eckeharts studiert (bisher kam sie

merkwürdigerweise nicht ans Tageslicht), wird finden, daß für ihn

die G e m e i n s c h a f t des Menschen mit der Natur nicht ein-

fach als Tatsache hinzunehmen sei. Wie kann die Natur erkannt

werden? Diese Frage stellte Eckehart zwar nicht ausdrücklich —

das war der Naturphilosophie S c h e l l i n g s Vorbehalten —, wohl

aber dem Wesen der Sache nach. Und seine Antwort mußte lauten: