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Dasselbe sagt eine andere Stelle einer unbedingt echten Predigt,
in welcher von der Freude des Herrn über den guten und getreuen
Knecht gesprochen wird:
„Ich spriche aber mê (erschrikent niht, wan disiu fröide diu ist iu nâhe und
ist in iu): ez ist iuwer keinez sô grob noch sô kleine mit verstentnisse . . ., er
müge dise fröide in ime vinden.“
1
Auch gar manch andere Aussprüche Eckeharts weisen in dieselbe
Richtung, wie:
.. diz ist groben liuten ze gloubenne, aber den erliuhten ist ez ze wiz-
zenne.“
2
„Wer dise rede niht verstêt, der bekümber sîn herze niht dâ mite.“
3
„Die aber dise rede niht wol verstênt, die kêren wider ûf den gelouben, den
ich da vor gewîset nân.“
4
Eckehart verweist also immer wieder die schlichten Menschen, die
ihn nicht verstehen oder sein hohes Ziel nicht erreichen können, auf
den Glauben.
An der persönlichen Unsterblichkeitsüberzeugung Eckeharts kann
auch wegen seiner Lehre von der Überzeitlichkeit und Überräum-
lichkeit der Seele und ihrer Gottförmigkeit nicht gezweifelt werden:
„Got geschuof die sêle nâch sîner hoehsten vollekomenheit, . . .“
5
.
„,In principio“ sprichet als vil als ein angenge alles wesens . . . niht daz diz
wesen dâ ze nihte werde, mêr: ez wirt dâ vollebrâht nâch sîner hoehsten volle-
komenheit."
6
„Das Wesen der Seele ist ferne von dem Reiche dieser Welt.“
7
Aufs klarste wird nun dem die Sinnlichkeit entgegengesetzt:
Die Sinnlichkeit hat nichts Ewiges an sich, „die Vernunft aber ist ewig.“
8
Daher auch:
1
Pf. 186, 1: Ich sage aber noch mehr — erschreckt nicht! denn diese Freude
ist e u c h nahe und ist in e u c h ! — : Es ist keiner von euch so grobsinnig
noch so klein an Fassungskraft, daß er diese Freude nicht in sich finden könne.
2
Pf. 189, 14: Dies ist den gemeinen Menschen zum Glauben, den erleuchteten
aber zum Wissen.
3
Pf. 284, 28: Wer diese Rede nicht versteht, der habe keinen Kummer im
Herzen.
4
Pf. 175, 1: Die aber diese Rede nicht ganz verstehen, die mögen zu dem
Glauben zurückkehren, den ich zuvor gewiesen habe [nämlich eingangs der Pre-
digt],
5
Pf. 288, 6: Gott schuf die Seele nach seiner höchsten Vollkommenheit.
6
Pf. 288, 21: In principio, das heißt soviel wie ein Beginn alles Seins. Nicht,
daß dieses Sein zunichte würde, es wird vielmehr da vollendet gemäß seiner
höchsten Vollkommenheit.
7
B 115.
8
B 132.