Vorwort zur Letztfassung
Lessing, Goethe, Schiller, die Brüder Schlegel, Novalis, Tieck,
Grillparzer, Philipp Otto Runge und viele andere jener Zeit, größ-
tenteils auch noch das ihnen folgende Künstlergeschlecht hingen
eifrig kunstphilosophischen Gedanken nach und beschäftigten sich
auch eingehend mit den kunstphilosophischen Lehrbegriffen Kants,
Schellings, Hegels und ihrer Schüler.
Schiller schrieb noch kurz vor seinem Tode an Wilhelm von
Humboldt: „Die tiefen Grundideen der Idealphilosophie (gemeint
waren vor allem Kant, Fichte und Schelling) bleiben ein ewiger
Schatz, und schon allein um ihretwillen muß man sich glücklich
preisen, in dieser Zeit gelebt zu haben.“
Allmählich wurde das anders. Die philosophische Bildung verfiel,
und die Künstler waren bald nicht mehr imstande, deren Wert für
die Ausübung der Kunst zu schätzen.
Aber schon ein Menschenalter später war der größte Teil der
Künstler in empiristisch-materialistisches Fahrwasser gekommen
und der kunstphilosophischen Bildung entfremdet.
Wenn dieses Buch, welches die Fäden zu Platon, Aristoteles, Plo-
tin und dem deutschen Idealismus wieder knüpfen will, sich dennoch
heute hervorwagt, dann vor allem deshalb, weil der Verfasser von
der sachlichen Notwendigkeit einer philosophischen Neubegrün-
dung unserer Ästhetik überzeugt ist; wozu er auch von befreundeter
Seite ermutigt wurde. Die mittlerweile entstandene empiristische,
„exakte“, völlig unphilosophische sogenannte „Ästhetik“ kann dem
Künstler nichts bieten und ist auch an sich selbst wertlos. Die fach-
lichen „Kunstwissenschaften“, die sich zum Ersatze der alten, echten
Kunstphilosophie bildeten, können der Natur der Sache nach nicht
tief genug dringen.
Auch leitet uns zu unserem Unternehmen, das auf dem Gedanken
gegründet ist, ohne Metaphysik sei keine höhere Bildung und Gesit-