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gegeben hatte. Aber immerhin hat Spann diese Lehrgeschichte von ihrer

ersten Auflage im Jahre 1911 bis zur 26. Auflage im Jahre 1949 unentwegt

ausgebaut und angereichert

1

.

Allerdings könnte gefragt werden, ob die so vielfältig aufgefächerten, ja

zersplitterten Lehrstücke, die in den letzten Jahrzehnten von der

Nationalökonomie entwickelt wurden, eine solche Anreicherung der

Lehrgeschichte zu bieten hätten, ob sie überhaupt noch „Haupttheorien“

seien oder solche würden. Diesbezüglich hat Spann selbst den Standpunkt

vertreten, daß nichts, was in der Welt, besonders in der Welt der

Wissenschaft, gedacht wurde, völlig umsonst gedacht worden sei.

Friedrich Lütge hat in der kurz vor seinem Tode erschienenen

Besprechung der in der Othmar-Spann-Gesamtausgabe erschienenen

„Haupttheorien“ und der „Toten und lebendigen Wissenschaft“

2

die

Vermutung ausgesprochen, wir stünden „ziemlich dicht vor der Situation“,

daß „die Möglichkeiten, die in den Ansätzen der heutigen

Volkswirtschaftslehre enthalten sind, zu Ende gedacht worden seien.“ Aber

auch ein „zu-Ende-Gedachtes“ und nicht als durchaus geschichtsmächtig

Erwiesenes könnte es wert sein, nachgedacht zu werden: Vielleicht gerade,

um seine bloße Zeitbedingtheit zu ergründen.

Schwerlich wird auch heute bereits endgültig entschieden werden

können, was von all diesen jüngeren Entwicklungen: von den Versuchen im

Bereiche der Grenznutzenschulen, von der Marktformenlehre und der

Theorie der Verhaltensweisen, von der Theorie der Spiele, vom

Keynesianismus einschließlich aller der mannigfachen Versuche der

Mathematisierung der Nationalökonomie als „zu-Ende- Gedachtes“ vergessen

und was dauerhaft gültiges Lehrgut werden wird.

Zweifellos könnte man sich gerade hinsichtlich der Mathematisierung

unserer Theorie auf den Standpunkt stellen, daß der damit erzielte Nutzen

der geistigen Schulung nur mit den größeren Nachteilen der Ver-Schulung

und Vereinseitigung erkauft würde. Meine eigene diesbezügliche

Überzeugung geht dahin, daß die mathematische Bildung nur dann für den

Gesellschaftswissenschafter ihre gefährlichen Abgleitflächen verliert, wenn

sie mit den viel höheren Bildungswerten des Lateinischen und Griechischen

gepaart ist, wie

1

Vgl. oben S. 279, Anmerkung 1.

2

JfNSt, Bd 181 (Schluß), Heft 6, Stuttgart 1968, S.

570 f