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ungemein anregend und fesselnd, scheint aber zur Einführung des Anfängers
doch allzu großzügig. Salin schließt die Geschichte der Volkswirtschaftslehre
oder der wirtschaftspolitischen Ideen mit der Darstellung des Sozialismus und
des Historismus ab und spricht dann lediglich noch von „Nachfahren und
Vorläufern“. Allerdings muß er diesem Abschnitt über „Nachfahren und
Vorläufer“ als „Ausläufer“ einen Exkurs nachschicken, in dem er die
Verfahrensfragen unter der Überschrift „Über die Wege der theoretischen
Forschung“ behandelt, nämlich: 1. Universalismus—Individualismus
1
; 2.
Dynamik-Statik; 3. Kulturwissenschaft—Naturwissenschaft; 4. Ge-
bilde—Gefüge; 5. anschaulich—rational.
Dieser Exkurs läuft dann nochmals in eine Art neuerlichen Exkurses aus,
der zur Mathematisierung der ökonomischen Theorie Stellung bezieht
2
. Diese
Stellung stimmt übrigens mit jener der ganzheitlichen Schule überein.
Diese von Salin gewählte Gewichtung in der Darstellung der
Lehrgeschichte wäre etwa mit der eines Literarhistorikers vergleichbar, der
die deutsche Literaturgeschichte mit Klassik und Romantik abschließt und
alles andere als Nachfahren und Vorläufer betrachtet. Man könnte dieser
Gewichtung ohne weiteres zustimmen, gehört doch vieles aus der Moderne
an sich schon ins Ausläufertum und daher in den „Exkurs“.
So wird man wohl sagen müssen: Selbst wenn die Krise der jüngsten
Lehrstücke der Wirtschaftswissenschaft so tief ginge, wie dies viele Verfasser
annehmen
3
, müßte der Studierende — getreu
1
Vgl. dazu oben S. 284.
2
Edgar Salin: Politische Ökonomie, 5. Aufl., Tübingen und Zürich
1967, S. 188 und S. 190—193.
3
Als Beispiele seien genannt: Gunnar Myrdal und J. William Kapp,
vgl. oben S. 301, Anmerkung 1; Oskar Morgenstern, siehe oben S. 310;
Ludwig von Mises: The Ultimate Foundation of Economic Science, An
Essay on Method, Princeton N. J. — Toronto—New York—London 1962;
dazu Hanns Pichler: Vom homo oeconomicus zum homo agens, in: ZfG,
Wien 1965, S. 76—82; Eugen Böhler: Stellung und Aufgabe der Wissen-
schaft, in: Neue Züricher Zeitung vom 11. März 1964, Fernausgabe Nr. 70,
Blatt 13; dazu Hanns Pichler: Wirtschaftswissenschaftliche Spätlese, in:
ZfG, Wien 1965, S. 56—60. P. Edgar Nawroth: Zur Sinnerfüllung der
Marktwirtschaft, Köln 1965; dazu die Besprechung von Friedrich Romig,
in: ZfG, Wien 1968, S. 57—61; ferner Joan Robinson: Doktrinen der
Wirtschaftswissenschaft, Eine Auseinandersetzung mit ihren Grundge-
danken und Ideologien, München 1965; vgl. dazu auch mein Nachwort
zur „Toten und lebendigen Wissenschaft“, 5. Aufl., Graz 1967 (Othmar
Spann Gesamtausgabe, Bd 6), S. 390 f., Anmerkung 1; John Kenneth
Galbraith: The New Industrial State, 1967, deutsch von N. Wölfl: Die
moderne Industriegesellschaft, München und Zürich 1968; Friedrich Ro-
mig: Die Entwicklungsphasen der „reinen“ Ökonomie, in: ZfG, Wien
1968/II, S. 95—101.