323
dies für die frühere Universitätsvorbereitung durch das Humanistische
Gymnasium alter Prägung verbürgt gewesen war
1
.
Hinsichtlich der Bedeutung, der Möglichkeiten und der Grenzen der
Quantifizierung und Mathematisierung in den Wirtschaftswissenschaften hat
gerade die ganzheitliche Schule sehr eindeutige Vorstellungen entwickelt
2
.
Diese Vorstellungen schließen allerdings die Haltung in sich, daß ohne eine
grundsätzliche Kenntnis der mathematischen Richtungen auch eine Einsicht
in deren Grenzen unmöglich sei
3
.
Alles in allem wird es zur Einführung in die Volkswirtschaftslehre daher
unvermeidlich sein, in deren Lehrgeschichte auch die Lehrstücke und
theoretischen Versuche der jüngsten Jahrzehnte aufzunehmen. Nicht leicht
ist es dagegen, das pädagogisch richtige Maß zu finden: Bringt man zu viel, so
bauen sich wenigstens vor dem Anfänger schwer zu überwindende
Hindernisse auf, angesichts des fehlenden inneren Zusammenhanges, der
Auffächerung, ja der Zersplitterung der Lehrstücke noch überschaubar zu
bleiben
4
.
Der Weg, den mit Klugheit Edgar Salin wählte
5
, um eine Darstellung der
neueren Lehrstücke zu umgehen, ist für den Fachmann
1
Ich habe diese Zusammenhänge, die ich als eine Schicksalsfrage
unserer abendländischen Kultur und Erziehung erachte, von immer
neuen Gesichtspunkten her beleuchtet: Die Stellung der Wirtschaft im
Weltbild der Gegenwart, Inaugurationsrede, Wien 1953; Humanistische
Bildung und neuzeitliche Wirtschaftsführung, Wien 1955; Humanistische
Bildung und moderne Wirtschaft, in: Humanistische Bildung, München
1960, S. 29—46; Die Gestalt der entwickelten Industriegesellschaft, der
Kosmos der Wirtschaftswissenschaften und das Bildungsziel der Wirt-
schaftshochschulen, in: Universität und moderne Welt, herausgegeben
von Richard Schwarz, Bd 1, Berlin 1962, S. 277—305; Wirtschaftswissen-
schaft und Humanismus, in: Beiträge zur Wettbewerbsordnung, Köln
1963, S. 71—86; Die industrielle Gesellschaft als Bildungsgesellschaft,
Inaugurationsrede, Wien 1964.
2
Vgl. die Darlegungen Spanns über die mathematische Schule oben
S. 218 f.; Fundament der Volkswirtschaftslehre, 5. Aufl., Graz 1967 (Ge-
samtausgabe, Bd 3), S. 48, 172 und 297; Tote und lebendige Wissenschaft,
5. Aufl., Graz 1967 (Gesamtausgabe, Bd 6), S. 392.
3
Vgl. Anton Schöpf: Das Prognoseproblem in der Nationalökonomie.
Versuche einer Gesamtbetrachtung, Berlin 1966; Hanns Pichler: Modell-
analyse und Modellkritik, Berlin 1967; Hubert Verhonig: Gegenwärtiger
Stand und Entwicklung der einfachen statischen Preistheorie, Disser-
tation, Wien 1968.
4
Das breit angelegte Werk von Gerhard Stavenhagen: Geschichte der
Wirtschaftstheorie (1951), 3. Aufl., Göttingen 1964, scheint dafür ein
Beispiel.
5
Edgar Salin: Politische Ökonomie, Geschichte der wirtschaftspoliti-
schen Ideen von Platon bis zur Gegenwart, 5. Aufl. der Geschichte der
Volkswirtschaftslehre (1923), Tübingen und Zürich 1967.