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und Schiller jung sterben; aber ihr Geist wurde im Laufe ihres

Daseins immer lebenskräftiger und in diesem Sinne immer jünger!

Besonders deutlich zeigt sich das bei Schiller. Von den noch gären-

den, die Welt nicht meisternden, daher gewaltsamen „Räubern“ bis

zur „Jungfrau“, auch dem „Teil“ und gar bis zu dem auf shake-

spearischen Höhen sich bewegenden „Demetrius“ — welch ein

Weg! Und auch bei Mozart: von den entzückenden Jugendspielen,

wie z. B. der „Theaterdirektor“, bis zu „Don Juan“, sodann zur

„Zauberflöte“ und dann nochmals zum „Requiem“ sehen wir eine

beispiellose innere Vertiefung und Kräftigung, eine wachsende Ein-

gebungstiefe und innere Jugend.

Schillers und Mozarts geistige Kräfte wuchsen unaufhörlich und

beweisen, wenn irgend etwas, anschaulich die ewige Jugend des

Geistes.

Der aus der E i n g e b u n g s c h a f f e n d e K ü n s t l e r

g e h t v o m G a n z e n z u d e n T e i l e n , n i c h t v o n

d e n T e i l e n z u m G a n z e n :

Es ist eine unerschütterliche Wahrheit, daß der Schöpfungsgang,

durch den das Schöne entsteht, vom Allgemeinen zum Einzelnen,

vom Ganzen zum Teile gehe!

Daß dem so sei, war bisher nicht unbekannt; z. B. hebt es

schon der altenglische Maler Sir J o s h u a R e y n o l d s (1723

bis 1792) ausdrücklich hervor

1

. Aber wie sollte es erklärt werden?

Widerspricht es doch vor allem jedem Naturalismus und ins ein-

zelnste gehendem Realismus (dessen Verwahrlosung allerdings auch

das Gegenteil erlaubt, nämlich z. B. in der Malerei ganze Flächen

durch einige Pinselstriche anzudeuten, also das Einzelne fallen zu

lassen).

Versteht man aber das künstlerische Schaffen von der Eingebung

aus, dann liegt die Sachlage mit voller Klarheit vor aller Augen.

Zunächst erklärt sich in der Malerei daraus der eigentümliche

Zauber und Wert, welchen Entwürfe, Zeichnungen, Kartons, auch

1

Sir Joshua Reynolds: Zur Ästhetik und Technik der bildenden Künste,

Akademische Reden, übersetzt und mit Anmerkungen, Register und Textver-

gleich versehen von Eduard Leisching, Leipzig 1893, S. 176 ff. (= Veröffentlichun-

gen der Philosophischen Gesellschaft an der Universität Wien, 1).