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ähnliches sehen. Das Schöne und die Kunst ist ihnen daher durch-
aus i c h h a f t , s u b j e k t i v .
Kants Lehre hat zwar im Ansich des Apriori (im „Transzenden-
talen“) seine feste, übersubjektive Grundlage; aber alles, was von
den apriorischen Kategorien geformt ist, fällt dennoch dem „Phä-
nomenalen“, Subjektiven anheim. Kant steht noch auf dem Boden
des subjektiven Idealismus.
Der objektive Idealismus, den wir vertreten und der sich aus
der Eingebung ergibt, stößt dagegen weiter vor: Echte Kunst muß
durchaus g e g e n s t ä n d l i c h , o b j e k t i v , muß reiner Aus-
zug aus der Wirklichkeit sein.
Es ist das Wesenswidrigste, Kunstfremdeste, was man sagen kann,
daß die Kunst nur „schöner Schein“ sei! Dies ist eine ganz äußer-
liche Auffassung. Allerdings ist der Schauspieler, der z. B. den König
Lear gibt, kein König; allerdings ist der gemalte Lear nicht der
wirkliche, ist auch der Zeus des Phidias nicht selbst Zeus; aber dar-
um handelt es sich gar nicht! Vielmehr, was der Schauspieler dar-
stellt, was der Maler und Bildhauer bildet, das ist es, welches
Gültigkeit haben muß. Es muß in sich selbst echt und wahr, e s
d a r f s e i n e m G e h a l t e n a c h k e i n S c h e i n s e i n .
Dies ist das Gegenständliche, Objektive des Schönen. Selbst der
Zeus des Phidias muß die innere Wahrheit des himmlischen Vaters
und Königs in sich haben.
Der Schlüssel für das Objektive und doch zugleich auch wieder
Ichhafte, Subjektive der Kunst ist wieder der Begriff der Eingebung
(in ihrer Rückverbundenheit und Gestaltung).
Die Eingebung ist insofern ein subjektiver Vorgang, als sie sich
im Ich des schaffenden Künstlers abspielt. Ihrem Gehalte nach aber
ist sie gegenständlich, objektiv, insofern sie ja die innerste Wesen-
heit eines Dinges, eines Menschen, eines Geschehens unmittelbar
mitlebt, unmittelbar erfaßt. Da der Mensch als Ideenführer die Aus-
züge aller Dinge in sich trägt, bedarf es nur der E r w e c k u n g ,
der Erweckung eines Objektiven!
Der erweckte Wesensgehalt ist objektiv in der Welt vorhanden;
subjektiv daran ist das Geschehen der Eingebung im Geiste des
Menschen und — vor allem — die Eingliederung in den jeweils
schon vorhandenen Geistesbesitz des Künstlers (später des Kunst-
genießenden). Diese Eingliederung erst ist es, welche das innerlich
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6 Spann, 19