Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8245 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8245 / 9133 Next Page
Page Background

„Der letzte Zweck der Kunst ist die

Darstellung des Übersinnlichen.“

Schiller

I. Kategoriale Erklärung der Rückverbundenheit

Als die drei Hauptmerkmale des Schönen ergaben sich uns: Die

Eingebung, die Gestaltung und die Rückverbundenheit.

Wenn die Ausgliederung nach dem Satze zu begreifen ist: „Das

Ganze stellt sich in den Gliedern dar“, dann die Rückverbundenheit

nach dem Satze: „Das Ganze geht in den Gliedern nicht unter.“ Wie

schon früher berührt, besteht die Rückverbundenheit eben darin,

daß sich das Ausgliedernde im Ausgegliederten, das Schaffende im

Geschöpfe nicht erschöpft; es bleibt im Ausgliedern, Schaffen bei

sich selbst! Das hat aber die Folge, daß das Ausgegliederte im Aus-

gliedernden b e f a ß t bleibt; und eben diese Befaßtheit ist die

Rückverbundenheit!

Am deutlichsten wird dieses Geheimnis alles Ausgliederns, Set-

zens oder Schaffens vielleicht an dem alten orphischen Spruche, wel-

cher in der schönen Verdeutschung von Otto Willmann lautet:

In den Augen des Zeus, des Vaters, des Königs

Wohnen die unsterblichen Götter und die sterblichen Menschen,

Alles, was ist und was sein wird.

Die Schöpfung ist in Zeus befaßt, rückverbunden — indem sie

nicht nur für sich, als ausgegliederte ein Dasein hat; sondern über-

dies, zugleich „in den Augen des Zeus“ ist, Dasein hat! Und dasselbe

erfährt der Mensch an sich selbst bei der einfachsten Schaffenstat

oder Ausgliederung, z. B. beim Sprechen. Das Wort hat nicht nur

Sein als gesprochenes, ausgegliedertes (als Inbegriff von Schallwellen

mit besonderer Bedeutung); vielmehr hat es z u g l e i c h ein

Sein im Gedanken des Sprechenden: Es v e r h a r r t , bleibt im

Sprechenden inne, während es ausgegliedert, ausgesprochen wird!

Wie die Geschöpfe in Zeus, so verbleiben die Worte im Gedanken

des Sprechenden — sie sind in ihm befaßt oder rückverbunden.