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zu erklären? Der Berg und die Natur überhaupt wird kraft des

(im Geistesinhalte der Buddhisten besonders lebendigen) Begriffes

der „Maya“ zum bloßen Scheingebilde! Er wird von der Eingebung

in seiner Vergänglichkeit erfaßt und in jene Geisteszusammenhänge

eingegliedert, die mit der Mayalehre gegeben sind. — Ähnlich ist

auch die Verwendung uns fremdartig anmutender Sinnbilder, wie

z. B. der chinesischen Drachen, zu erklären. Bei ihnen ist es klar,

daß sie aus bestimmten metaphysisch-religiösen Geistesinhalten

stammen.

Die a l t i n d i s c h e K u n s t sehen wir besonders dadurch be-

zeichnet, daß der Gott Shiva-Krishna mit vielen Armen, Köpfen

und Beinen dargestellt wird. Das befremdet uns, aber es wird uns

klar, wenn wir den tieferen philosophisch-religiösen Geistesinhal-

ten nachgehen, welche hier zugrunde liegen. In der Bhagavadgitâ

1

z. B. erscheint der Gott (nachdem er dem Helden Arjuna ein himm-

lisches Auge gegeben hatte, um von ihm gesehen zu werden):

(1256) „Mit vielen Mündern und Augen, mit vielen wunderbaren Anblik-

ken . . u n d Arjuna selbst schildert ihn:

(1262) „Ich sehe dich mit vielen Armen, Leibern, Mündern und Augen...“

(1270)

„Wenn ich dich sehe, wie du bis zum Himmel aufreichst, flammend,

vielfarbig, mit aufgerissenem Rachen, mit glühenden großen Augen, so erzittert

meine Seele, o Vishnu, und ich finde keine Fassung und keine Ruhe.“

(1271)

„Und wenn ich deine Münder mit klaffendem Gebiß sehe, wie sie dem

Weltuntergangsfeuer vergleichbar sind... sei gnädig, o Herr der Götter, der du

die Welt der Lebenden erfüllst!“

(1273) „ . . . sie alle stürzen eilig in deine zähneklaffenden, furchtbaren Ra-

chen . . . “

Sowohl als der Allschöpferische wie der Allverschlingende und

Allvernichtende wird hier Gott aufgefaßt; und in diese Geisteszu-

sammenhänge hat die indische Kunst ihre Eingebungen von der

Größe und Ubergewalt Gottes einzugliedern!

Und das ist es, was ihren Stil prägt. Neben den Allvernichten-

den kommt daher auch die Allfülle, das Unerschöpfliche — nament-

lich in den getürmten Tempelbauten — zum Ausdruck und prägt

den Stil mit.

Insofern das göttliche Schaffen i n der Welt vom Künstler ein-

1

Bhagavadgita, deutsch von Paul Deussen, in: Vier philosophische Texte des

Mahabharatam, Leipzig 1910 (Adhaya 357, S. 77 ff., V: 1256, 1262, 1270, 1271,

1273); vgl. auch S. 69 ff.: Gott schafft die Welt durch Maya (Adhaya 33).

14 Spann, 19