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(so Semper, Hoernes und viele andere), ist zweifellos unhaltbar; dies

schon, seitdem man weiß, daß noch nach Homer — also in einem

Zeitalter hoher Kunstentwicklung — ein Zeitabschnitt geometri-

schen Stils hereinbrach.

Auch hier kann nur der Rückgang auf die metaphysisch-religiöse

Kulturgrundlage helfen: Die S t e r n e n r e l i g i o n allein ist es,

welche den geometrischen Stil erklärt!

In alter Zeit sind alle Zierformen (Ornamente) ausschließlich auf

kosmisch-religiöse Vorstellungen und Sinnbilder zurückzuführen.

So die g e r m a n i s c h e n , welche die Midgardschlange, wie sie

die Erde umschlingt, darstellen. So auch der geometrische Stil.

Meine religionsgeschichtlichen und religionssoziologischen Studien

lehrten mich immer wieder, daß man in alten Zeiten das Heilige

als kulturbestimmend überhaupt nicht überschätzen könne!

Wo die Sternenreligion völlig herrscht (einen gewissen Einfluß

hat sie, wie schon die Namen der Wandelsterne zeigen, immer), da

erfaßt die Eingebung des Künstlers, soweit es nur möglich ist, aus

diesem Geisteszusammenhange heraus alles, was den Linien des Ster-

nenhimmels auf Grund sorgfältiger Beobachtung der Himmelsvor-

gänge irgendwie eingeordnet werden kann.

Auch andere religiöse Sinnbilder, z. B. daß die Welt ein Ge-

w e b e sei, spielen hier mit herein; wovon uns der noch erhaltene

Webertanz — die Tanzenden bilden Gewebe, die sie immer wieder

auflösen — ein sakrales Zeugnis ist. (Man erinnert sich da auch der

Webevorstellung im „Faust“ I, Erdgeist!)

Wie sollte auch der geometrische Stil anders zu erklären sein, als

aus den metaphysisch-religiös bedingten Himmelsbeobachtungen?

Wir begreifen nun erst vollständig, wie A r i s t o t e l e s z. B.

den Kreis als die vollkommenste, weil den Gestirngöttern allein

eigene, in sich zurückkehrende und dadurch die Ewigkeit nachbil-

dende Linie erklären konnte! Das sind Reste astralreligiöser Vor-

stellungen, zugleich Reste geometrischen Stilempfindens!

Würde man diesen Stil im Sinne unserer heutigen geometrischen Wissenschaft

betrachten, so wäre er völlig unbegreiflich, denn nicht nur gab es in jenen Zei-

ten diese Wissenschaft nicht; es lag ihnen auch die heute damit verbundene

Abstraktion allzu ferne! Nur die Anschauung und diese wieder nur in ihrer meta-

physisch-religiösen Bedingtheit, konnte damals der Stilbildung zu Grunde liegen. -