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sich wie von sich auf andere. Ein verbindlicher Vernunftbeweis liegt
aber: in der Gesamtganzheit alles Seienden.
Die irdische Natur und der irdische Geist sind nur ein Teil
des gesamten Seienden. Der Geist entspringt aus einem Sichselbst-
setzenden, die stoffliche Natur aus immateriellen Wurzeln. Das
Ausgliedernde aber, die Welt des Ansichseienden, des Quellgrundes,
der Ganzheiten an sich, der „Mütter” — es bildet eine Einhei t
höherer Ordnung mit der ausgegliederten Welt.
Kraft dieser höheren Einheit sind die Abgeschiedenen auch mit
dem Fortgange der Ges chicht e der Menschheit verbunden.
Der Zerstreuer:
Dann wären also nicht nur wir für die später Kommenden da,
sondern auch die Früheren, die Abgeschiedenen für uns?
Der Sammler:
So ergibt sich aus der Einheit der Geschlechter. Doch hat jede
dieser Welten oder Sphären ihr Eigenleben. Daher waltet hier ein
gewisser Zwiespalt ob, ein ähnlicher Zwiespalt, wie er sich ja auch
von unserer Seite meldet. Denn das Gedenken an die Verstorbenen
und das Leben in ihnen ist uns zwar eine Notwendigkeit und macht
uns besser; aber unsere Pflichten sind hier auf dieser Erde und
ziehen uns wieder von ihnen ab.
Der Zerstreuer:
Und ein Aufgehen der Persönlichkeit in Gott oder gar im Natur-
geiste hältst du nicht für möglich?
Der Sammler:
Das ist ein pantheistischer, ja materialistischer Ungedanke, den
wir schon abwiesen, Schwäche des metaphysischen Sinnes. Beant-
worte dir nur die eine Frage: Ist der Zustand nach dem Tode, falls
ein solcher überhaupt angenommen würde, als gesteigerte oder ge-
minderte Geistigkeit zu denken?
Der Zerstreuer:
Wenn überhaupt, dann doch offenbar nur als gesteigerte Geistigkeit.
Zwar ist der Geist dann um das sinnliche Bewußtsein gemindert, aber,
da auf sich selbst zurückgewiesen, in erhöhter Weise er selbst als zuvor.
Der Sammler:
Unzweifelhaft! Was ist aber das Wesen des Geistes? — sich von
sich selbst zu unterscheiden, von sich selbst Besitz zu ergreifen,
Bei-sich-selbst-Sein! Darin liegt aber Ichheit, Persönlichkeit!