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Gliederungen, die er in der Urgestalt als Hauptträger des Geistes-

gehaltes, den Entsprechungsgestalten neben anderen abgeleiteten

Gestalten (Widerpart, Nebenspieler, Fortschreitung in der Entfaltung

und Umgliederung) sieht, wobei hier die Zeit als unabdingbares

Faktum hervortritt (Bd 19, 114). Er erblickt im Bereich des Schönen

einen Stufenbau gemäß den Ergebnissen seiner Kategorienlehre.

Dieser ist für ihn in steter Über- und Unterordnung gegeben (Bd 19,

115).

Hinter der Zeitgestalt steht aber das Schicksal. Durch dieses wird

die echte Transparenz, die ein Grundbegriff allen Kunstdenkens ist,

in mehrfacher Hinsicht erkennbar: aus dem geistigen Urgrund, das

heißt aus der aus ihm steigenden Eingebung, auch aus den immate-

riellen Wurzeln der Natur wird das Kunstwerk geformt, wird zur

Gestalt, die aber dem Urgrund der Eingebung und den Grundlagen

der Natur rückverbunden bleibt und sohin aus der Rückverbunden-

heit lebt.

Im Sinne der Kategorienlehre wird auch im Bereich der Kunst der

Vorrangbegriff hervorgehoben: Die geistige Gestalt hat den Vorrang

vor den Gestalten aller anderen Ebenen. Es werden demnach die

Geistesgestalten allen anderen vorgeordnet und die ausformenden

Gestalten den geistigen nachgeordnet. Da der Zeit größere Geistes-

nähe zukommt, hat die Zeitgestalt den Vorrang vor der Raumge-

stalt und der sinnlich stofflichen Gestalt. Wie Spann meint, wird

durch diese Vorrangsetzung das alte Problem der Form in der Philo-

sophie der Kunst in sachgerechter Weise gelöst. Die Form ist weder

etwas, das „hinzukommt“, noch etwas, das eine Herrschaft ausübt.

Die geistige Grundgestalt ist es, die die übrigen Gestalten, und zwar

sowohl Zeit- als auch Raumgestalt, von der Eingebung ausgehend

bestimmt und sie durchleuchtet (Bd 19, 112). Die Folgen einer

überforderten Systematik zeigen sich in der Auffassung, daß das

künstlerische Gestalten ebenso von der Schönheit beherrscht wird

wie das Denken von der Wahrheit. Das Gestaltengebäude oder

Kunstgefüge sei für die Ästhetik, was das Begriffsgebäude für das

Denken sei. Dieses Lehrstück Spanns trägt Keime von Mißverständ-

nissen in sich. Während nämlich im Bereiche des Denkens die Anti-

thetik von Wahrem und Unwahrem — allenfalls verunklart durch den

schillernden Begriff des Halbwahren — eine gewisse Eindeutigkeit