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VIII. Die Abhängigkeit der Fruchtbarkeit vom Ziel oder
die Zielgültigkeit der Wirtschaft
Immer wieder kommen wir auf unsere Trennung von Mittel und Ziel
zurück. Die Ziele sind die formalen, die stets schon gegebenen
Bedingungen der Wirtschaft. Wirtschaft spielt sich im Bereiche der
Mittel ab und bleibt ganz in diesem Bereiche. So löst sich auch der
berühmte Streit über die „Produktivität der Bombenerzeugung“, und
was dergleichen absonderliche Beispiele in unserem Schrifttum mehr
sind
1
. Sofern das Ziel, Bomben / zu erzeugen, für den Anarchisten
wirklich gilt, kann auch die Wirtschaft dafür ergiebig, gedeihlich,
verhältnismäßig sein — allerdings nur für ihn, den Anarchisten allein,
da ja seine Bombe den anderen kein wertvolles, kein marktfähiges Gut
ist, die Frage der „volkswirtschaftlichen“ Fruchtbarkeit also gar nicht
erst auftauchen kann.
Eine ihrem Ziel gehorchende ergiebige, gedeihliche und im
Entsprechungsverhältnis fruchtbare Wirtschaft kann aber dennoch
plötzlich unfruchtbar werden: wenn sie ihr Ziel verliert, wenn ihr die
Bedingung entgleitet, unter der sie steht. Wir nennen die Tatsache, daß
die Wirtschaft einem für sie gültigen Ziele dient, ihre „Zielgültigkeit“,
die gegenteilige ihre „Zielungültigkeit“. Zielgültigkeit ist mit
Fruchtbarkeit nicht zu verwechseln. Letztere ist ein Begriff der
Leistungserfolge des Mittels für gegebene Ziele; erstere ein Begriff, der
nur untersucht, ob die Ziele wirklich gegeben, wirklich gültig sind oder
nicht. Weinbau, Bierbrauerei, Viehmästung, Tabakbau ist für den
Vegetarier eine „zielungültige“ Wirtschaft, das heißt überhaupt nicht
Wirtschaft, dagegen keine „unfruchtbare“ Wirtschaft. „Unfruchtbar“
würde sie erst dann, wenn sie bei vorausgesetzter Gültigkeit des Zieles
schlechter ist, als sie (nach Wettbewerb, Preisverhältnissen und nach
dem Gesetze des Ausgleichs der Ziele) sein könnte, das ist, wenn sie
unergiebig, ungedeihlich, unverhältnismäßig wäre. Wenn irgendwo, so
gilt in der Wirtschaft das Wort: „Jeder soll nach seiner Facon selig
werden.“ Die Erzeugung von Bomben durch den Anarchisten ist daher
für die Nichtanarchisten weder fruchtbar noch unfruchtbar, weil diese
für sie überhaupt keine Wirtschaft ist; ihre Ziele werden nicht
anerkannt, sie ist zielungültig.
1
Vgl. Eugen von Philippovich auf der Wiener Tagung des Vereins für
Socialpolitik (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd 132, Leipzig 1910).