F ü n f t e r A b s c h n i t t
Das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft
Das Verhältnis des Einzelnen zum Ganzen liegt nach den bisherigen
Bestimmungen der Begriffe von Einzelnem und Gemeinschaft klar zutage.
Erscheint es individualistisch wieder rein nothaft, utilitarisch, das ist als
geschäftsmäßiger Austausch von Hilfen, deren Wert größenmäßig
gegeneinander abgewogen werden kann, so ist es dem universalistischen
Denken seinem Wesen nach durch und durch sittlich. Sittlich nicht, weil
die Abrechnung von Gewinn und Verlust / ein Plus für die Gemeinschaft
ergibt und ihr darum der Einzelne als einer vorteilhaften Genossenschaft
verbunden bleibt; sondern weil Gemeinschaft jene Daseinsart und
Werdeform ist, in der das Ich allein seine Lebensakte vollzieht, jene Bahn,
in der es allein seine Schritte macht. Sohin ist das Verhältnis des Ich zum
Ganzen konstitutiv für das Ich, daher in demselben Sinne sittlich, in
welchem das Ich selbst eine sittliche Erscheinung ist. Weil das Ich nur als
Gezweites ist, so haben Ich und Gezweiung, subjektiver und objektiver
Geist, dieselbe Sittlichkeit.
Das Verhältnis des Ich zum Ganzen ist seinem Begriffe nach rein
sittlich, heißt: es leitet sich von vornherein aus P f l i c h t ab. Denn was
Pflicht gegen sich selbst ist: die Höchstgestaltung der eigenen
geistig-moralischen Persönlichkeit, wird nur in der Form der höchsten
Vergemeinschaftung erreichbar; was Pflicht gegen sich selbst ist, ist
zugleich Pflicht gegen die Gemeinschaft.
Das gleiche gilt im besonderen von dem sittlichen Begriff der
Verantwortlichkeit. Kennt der Individualismus nur individuelle
Verantwortlichkeit, so ist dem Universalismus die individuelle und soziale
Verantwortlichkeit ihrem Wesen nach einerlei. Ist Gemeinschaft die
Darlebensform des Ich, so bin ich für die Gestaltung der Gemeinschaft als
meiner eigenen Daseinsform mir selbst verantwortlich. Diese
Verantwortlichkeit kann nur das Gute in sich schließen, muß rein sittlich
sein, denn das Ich muß auf seine geistig-