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Drittens nimmt diese Schule eine für alle Völker der Erde ge-

meinsame Summe von Vorstellungen an, die in der Ähnlichkeit der

seelischen Anlagen begründet ist (der „Elementargedanke“ oder

„Völkergedanke“ Bastians) und aus der sich die verschiedenartigsten

Gebilde herausdifferenziert haben. (Daher umfaßt dieses Verfahren

nicht nur die Religion, sondern alles soziale Leben überhaupt, wes-

halb diese Richtung in England „Anthropology“ heißt.) — Wichtig

ist die Feststellung, daß das Verfahren dieser Schule nicht eigentlich

vergleichend-geschichtlich ist, sondern vergleichend-psychologisch

auf völkerkundlicher und volkskundlicher Stoffgrundlage.

Als Hauptvertreter dieser Richtung kann in D e u t s c h l a n d

Wilhelm Mannhardt betrachtet werden, der ursprünglich von der

mythologischen Schule ausging, dann aber sich der Untersuchung

der Gebräuche und Festsitten der europäischen Bauern zuwandte

1

.

In E n g - /1 a n d ist in diesem Zusammenhange vor allem Ja-

mes G e o r g e F r a z e r zu nennen

2

. Jedoch geht die ethno-

logische Richtung schon auf frühere, namentlich englische Werke

zurück, die im folgenden zum Teil zur Sprache kommen. — Heute

gehört ihr der allergrößte Teil der Religionsforscher an.

a. Der Animismus

Den ersten Versuch, der innerlich schon ganz in die Art der

ethnologischen Schule fällt, eine allgemeingültige Erklärung der

1

Wilhelm Mannhardt: Wald- und Feldkulte,

z

Teile, Berlin 1875—77, Teil 2:

Antike Wald- und Feldkulte aus der nordeuropäischen Überlieferung erläutert,

Berlin 1877, 2. Aufl., besorgt von Wilhelm Heuschkel, Berlin 1905; Mythologische

Forschungen, nach dem Tode Mannhardts herausgegeben von Hermann Patzig,

Straßburg 1894. — Von anderen deutschen Verfassern dieser Art möchte ich nur

Albrecht Dieterich mit seinem Buch: Mutter Erde, Ein Versuch über Volksreli-

gion, 1. Aufl., Leipzig 1905, hervorheben.

2

James George Frazer: The golden Bough, a Study in Magic and Religion

(1890), 7 Parts in 12 Vols, 3. éd., London 1919—22, das bedeutendste Werk der

ganzen Richtung, das jetzt deutsch im Auszug vorliegt: Der goldene Zweig, über-

setzt von Helen von Bauer, Leipzig 1928. — Trotz aller grundsätzlichen Mängel

und obwohl es heute zum Teil überholt ist, bleibt Frazers Werk als Tatsachen-

buch von größter Bedeutung. Weniger zuverlässig, aber inhaltlich wertvoller ist

das ältere Werk von Joseph Ennemoser: Geschichte der Magie, Leipzig 1844.

Vgl. außer Frazer besonders: Robert Ranulph Marett: The Threshold of Reli-

gion, London 1914. Weitere Schriften bei Paul Wilhelm Schmidt, siehe S. 37. und

S. 384. — Vgl. auch Lucien Levy-Brühl: Die geistige Welt der Primitiven, aus dem

Französischen übertragen von Margarethe Hamburger, München 1927.