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In dem verschiedenen Sprachbau der Völker kann sich auch kein

verschiedenes Denken aussprechen, wie die Empiristen und Rela-

tivisten behaupten, da die Vernunft aller Sprachbildung als das Ge-

meinsame logisch vorausgehen muß.

Auf nicht-empiristischem Boden steht die Erklärung der Sprache bei den

Scholastikern, bei Schelling, Hegel, Krause, Wilhelm von Humboldt und bei den

Romantikern, welche das Wesen der Sprache ungleich tiefer erfaßten als die

späteren Empiristen und Psychologisten. So Franz von Baader, Friedrich von

Schlegel, Josef Ennemoser

1

, Fichte der Jüngere, Gotthilf Heinrich von Schubert

2

.

Von neueren Sprachforschern, die der empiristischen Auffassung entgegen treten:

Anton Marty: Gesammelte Schriften, herausgegeben von Josef Eisenmeier und

anderen, 2 Bände, Halle 1916—20. Marty unterscheidet „ s y n s e m a n t i s c h e “

(mitbedeutende) und s e m a n t i s c h e (alleinbedeutende) Wörter. (In Wahr-

heit kann es nur mitbedeutende Wörter geben.) — Hermann Beckh: Ethymologie

und Lautbedeutung im Lichte der Geisteswissenschaft, Stuttgart 1921.

Vom universalistischen Standpunkte aus ist eine geschichtliche

Entstehung der Sprache ein ebensolcher Widerspruch wie die ge-

schichtliche Entstehung des Geistes überhaupt. Zum Denken gehört

Nennen, da die zerlegende Erfassung des Gegenstandes, das diskur-

sive Denken, nicht möglich ist ohne Gestaltung, ohne Ausdruck des

Gedachten. Daher die Sprache zu den Erscheinungen der Gestalten-

welt, der Kunst, gehört, wie sich schon in einem anderen Zusam-

menhange ergab

3

. „Nennen“ ist darum auch keine bloße Abkür-

zung, kein leeres „Zeichen“, wie die Empiristen behaupten; son-

dern dem Ausdrucke geht eine intuitive denkerische Entscheidung

vorher: / die Hervorhebung des Wesentlichen. Da das Wesentliche

erschaut sein muß, offenbart sich im Nennen das Ekstatische des

Denkens sowohl wie des Gestaltens im Ausdrucke. Beides liegt in

der Sprache! — In der Fassung (Formulierung) des Denkens also,

die im „Nennen“ als einem lautlichen Gestalten oder Ausdrücken

liegt, ist eine Wesenshervorhebung, eine Scheidung des Wesentli-

chen vom Unwesentlichen beschlossen. Denken ist als solche Her-

vorhebung noch ungestaltet, gleichsam Stillsprechen; Nennen, Laut-

sprechen, ist schon Gestaltung jenes Denkens. Obgleich sich auch

Bildhaftes, das stets unbenannt bleibt, im inneren Denken findet, so

wird man doch zugeben müssen, daß das innere Denken um so mehr

1

Josef Ennemoser: Geschichte der Magie, Leipzig 1844, §§ 35 ff.

2

Gotthilf Heinrich von Schubert: Geschichte der Seele, 5. Aufl., 2 Bde,

Stuttgart 1878, S. 311 ff.

3

Siehe oben S. 371 f.