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aber, daß er eine Besonderheit d u r c h Allgemeinheit ist, und R e c h t i s t

d a n n d i e H e r s t e l l u n g j e n e r v o l l k o m m e n e n G e g e n s e i t i g -

k e i t , i n w e l c h e r d a s G a n z e d e r G e s e l l s c h a f t e b e n s o w i e

d e r i n d i v i d u e l l e G e i s t s i c h a m v o l l k o m m e n s t e n e n t f a l -

t e t . Recht heißt daher nicht, daß sich ein Wille durch den andern beschränke —

vielmehr, daß ein Wille den andern, ein Geist den andern bilde und stärke, um

die größte Innigkeit und Allseitigkeit der Verbindung herzustellen. Die mög-

lichste Steigerung des Allgemeinen als Bildungsmittel für den Einzelnen ist die

Grundlage der G e r e c h t i g k e i t . Denn: das Ganze geht vor dem Glied,

das Ganze stellt sich aber nur im eigenlebendigen Gliede dar.

Die übliche Frage, ob die R e c h t s o r d n u n g M i t t e l o d e r S e l b s t -

z w e c k s e i, ist damit bereits beantwortet. Reines Mittel wäre sie nach indi-

vidualistischer und utilitarischer Auffassung. Ist aber Recht der Weg des Ganzen

sowohl wie des Einzelnen zur Herstellung höchster Gegenseitigkeit, so ist die

Gegenüberstellung Mittel-Selbstzweck schief. Die Wiedervollkommnungsordnung

ist nicht äußeres Mittel, sondern Teil, Glied des Lebens, da sie selbst den Weg

(den Erlebnisweg) zum Vollkommenen anzeigt. Man kann ja auch nicht fragen,

ob das Gute und Schöne Mittel sei (man stehe denn auf einem utilitarischen

Standpunkt, womit wir uns nicht beschäftigen wollen); es ist ein Wert, eine

Lebensform der Seele.

D . R e c h t l i c h e u n d a u ß e r r e c h t l i c h e S a t z u n g

Die Satzungen bilden kein Nebeneinander, sondern wie alle gesellschaftlichen

Erscheinungen einen v e r m i t t e l n d e n S t u f e n b a u ; daher auch, wie

wir schon bemerkten, der Übergang von der Sittlichkeit zum Rechte fließend

bleibt

1

. Der Stufenbau der Satzungen ist folgender: gesellschaftliche Moral, /

individuelle Moral; Brauch, Sitte (das „Herkommen“); Gewohnheitsrecht, un-

geschriebenes Recht, gesetztes Recht.

Den Unterschied von Recht und seinen Vorstufen (Sitte usw.) hat man darin

finden wollen, daß Recht erzwingbar sei, andere Gebote nicht. (So Ihering,

Stammler und viele andere.) Manchmal stehen aber auch der Sitte sehr bedeu-

tende Zwangsmittel zu Gebote, wie gesellschaftlicher Ehrverlust, wirtschaftlicher

Verruf, körperliche Gewaltanwendung. Umgekehrt fehlt manchmal dem Rechte

die Zwangsgewalt oder sie ist unwirksam. — Hauptsächlich besteht der Unter-

schied darin, daß alle Satzungen des Staates Recht sind, die Satzungen aller

andern Organisationen aber nur in seinem Rahmen. S i t t e ist oft ähnlich Recht

Satzung, findet daher gleich dem Recht auch dem in Organisationen ihre

Träger. Der Träger entscheidet über den Charakter der Satzung. Rechtliche

Satzung unterscheidet sich von anderer Satzung durch nichts mehr als durch die

bevorzugte Natur der Anstalt, welcher sie dient, nämlich des Staates. Im Grunde

ihrer Leistung sind also die Satzungen wesensgleich. Auch das Gewohnheitsrecht

durchbricht die Stufenleiter der Satzungen nicht, bestätigt sie im Gegenteil.

Gewohnheitsrecht ist eine feste Sitte, deren Träger zum Beispiel auch wirtschaft-

liche Organisationen sein können, welche der Staat anerkennt, falls sie mit seinem

Satzungssystem nicht in Widerspruch stehen. Gerade dieser Anerkennungs-, An-

gleichungs- und Eingliederungsvorgang beweist die Wesensgleichheit aller Satzun-

1

Siehe oben S. 580 f.