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gen, und ebenso die ideelle Einheit derselben, die sich im Staat ausdrückt. Der

Staat überläßt, indem er Gewohnheitsrecht anerkennt, die darin zum Ausdrucke

kommende Rechtsbildung anderen nichtstaatlichen Anstalten, zum Beispiel der

Börse ihre „Usancen“. Man kann also die außerstaatliche Rechtsbildung als vom

Staate überhöht und in diesem mittelbaren Sinne „delegiert“ auffassen.

E.

ö f f e n t l i c h e s u n d p r i v a t e s R e c h t

Die Begriffsbestimmung des Rechtes als Satzung der Anstalten, insbesondere

der Anstalt Staat, sowie als Einheitserscheinung widerspricht der üblichen

Scheidung von öffentlichem und privatem Recht, wovon ersteres namentlich

Verfassungs- und Verwaltungsrecht, letzteres das bürgerliche Recht umfassen

soll. Dem muß man entgegenstellen, daß a l l e S a t z u n g e n ö f f e n t l i -

c h e n C h a r a k t e r s s i n d , w e i l a l l e s g e s e l l s c h a f t l i c h e L e -

b e n , d a s s i e r e g e l n , ö f f e n t l i c h e s L e b e n i s t .

Unterschiede zwischen verschiedenen Rechtsgebieten bestehen ja allerdings,

jedoch in anderer Weise, als es die individualistisch bedingte Zerreißung in

öffentliches und privates Recht will. Der Unterschied besteht rein sachlich

darin, daß das Verfassungsrecht vornehmlich Satzung für die eigene Gestaltung

und Wiedererzeugung des Staatswillens ist; das Privatrecht hingegen die Grund-

züge für das organisierende Handeln des Staates nach außen hin enthält, das heißt

für die Arbeit, die er leistet. Eher könnte man daher umgekehrt sagen: die Ver-

fassung des Staates ist als sein Eigenrecht mit privater Natur; das Privatrecht

dagegen, indem es die organisatorischen Handlungen des Staates und der Staats-

glieder selbst regelt, eminent öffentlicher Natur.

Man sieht, daß es im gesellschafts-theoretischen Sinn kein Privatrecht gibt — /

ist ja der Begriff des „Privaten“ im universalistischen Sinne überhaupt ein Un-

begriff. Es g i b t n u r R e c h t e d e r P e r s o n e n a l s G l i e d e r v o n

G e b i l d e n . Wenn demgegenüber die heutige Jurisprudenz lehrt, das Privat-

recht habe es mit rechtlich gleichgestellten Parteien zu tun, z. B. im Mietvertrag,

das öffentliche Recht mit Verhältnissen zwischen Herrscher und Untertan (zum

Beispiel wenn der Staat eine Steuer auflegt), so ist auch das eine individualistische

Verirrung, die im Staate einen Herrn sehen will. Auch der Umstand, daß er das

eine Mal von selbst tut, was er das andere Mal nur auf Anrufung tut, löst sich

in äußere Konstruktion des Rechtsvorganges auf. Es ist nur scheinbar, daß das

eine Mal vom Staate, das andere Mal vom Rechtsverletzten vorgegangen werde.

Sowohl der Staat muß beim Staate klagen, wie der Bürger beim Staate. Denn im

bürgerlichen Recht verklagt nicht einer den andern, sondern der Staat wird wegen

einer Rechtsverletzung angerufen, der Staat tritt als Rechtsträger auf.

Zu der viel erörterten Frage des Verhältnisses von öffentlichem und privatem

Recht verweise ich besonders auf das Werk von A d a m M ü l l e r

1

, welcher

wohl als erster die Trennung des öffentlichen vom privaten Rechte mit gewichti-

gen Gründen bekämpfte.

1

Adam Müller; Elemente der Staatskunst (1809), herausgegeben von Jakob

Baxa, Jena 1922 (= Die Herdflamme, Bd 1).