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F. Die V o r r a n g s ä t z e

Aus unseren Begriffsbestimmungen geht hervor, daß in dem Ver-

hältnisse von Sittlichkeit und Recht die Sittlichkeit als der allge-

meinere Teil der Wiedervervollkommnungs- und Wertbestim-

mungsordnung den Vorrang vor dem Rechte als dem besonderten

Teile hat, ebenso vor allen Zwischenformen. Will man aber den

Vorrang bestimmen, so muß man zwischen dem Ganzen als dem

Objektiven und dem Gliede als dem Subjektiven, sowohl in Sitt-

lichkeit wie in Recht, unterscheiden, was bisher bei solchen Bestim-

mungen stets übersehen wurde. Es ergeben sich folgende Sätze:

Sittlichkeit ist vor Recht; aber Sittlichkeit will sich in Recht ver-

wandeln. — Da nun Zwischenglieder zwischen beiden bestehen,

gilt:

Sittlichkeit ist vor überindividuellem Naturrecht (Gerechtig-

keit); Naturrecht (Gerechtigkeit) ist vor geschichtlich-positivem

Recht; aber Sittlichkeit will sich in Gerechtigkeit, Gerechtigkeit in

geschichtliches Recht verwandeln. — Da nun Sittlichkeit ebenso wie

Recht nach Ganzheits- und Gliedstandpunkt sich stufen, genügen

die genannten allgemeinen Vorränge nicht, es muß Ganzheit und

Glied als Objektives und Subjektives geschieden werden. Dann gilt:

Objektive Sittlichkeit ist vor subjektiver Sittlichkeit; aber objek-

tive Sittlichkeit will sich in subjektive Sittlichkeit verwandeln. (Das

Ganze wird in den Gliedern geboren.)

Objektive Sittlichkeit ist vor objektivem Rechte; aber will sich in

objektives Recht verwandeln. Nichtübereinstimmung von objek-

tivem Recht mit objektiver Sittlichkeit ist kein wesenhafter Zu-

stand, sondern ein Unvollkommenheitszeichen. Wo unsittliches

Recht gilt, ergibt sich daher das innere, wesenhafte Sacherfordernis,

es in sittliches Recht umzuwandeln.

Objektive allgemeine Satzung ist vor objektiver besonderer Sat-

zung; aber will sich in besondere verwandeln.

Objektives Recht ist vor subjektivem Rechte; aber objektives /

Recht will sich in subjektives verwandeln. — Dieser Vorrang be-

deutet keine Unterdrückung des Einzelnen (das Ganze ist in den

Gliedern, das objektive Recht ist zum Zwecke des subjektiven da:

denn Recht als Ganzheit wird in den Gliedern geboren). Darin liegt

auch der Vorrang von Gewohnheitsrecht vor dem gesatzten Rechte