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arbeitsgebiet, als Ort der Nervenbetätigung, als eine Art von Nerv selbst. — Für
den Muskel wieder gibt es Blut nicht als Blut (das ja als ein eigenes Organ-
system in Gefäßen seinen Umlauf nimmt), sondern nur als Muskelernährung,
also im letzten Grunde nur sofern es Muskelbestandteil ist, Nerv gibt es für ihn
nur als eine bestimmte Lebensfunktion, Lebensart des Muskels, nämlich als Kon-
traktion usw. Vermittelndes. Muskel lebt mit Blut und Nerv nur, sofern beide
Nervenart haben; eine andere Berührungsweise, eine andere Beziehungsart zwi-
schen beiden ist undenkbar. Das heißt: der Nerv lebt nur in seiner Glied- oder
Verrichtungseigenschaft im Ganzen, der Muskel nur in seiner Glied- oder Ver-
richtungseigenschaft im Ganzen; ein a n d e r e s V e r h ä l t n i s a l s d a s
z u m G a n z e n h a t e r n i c h t .
Alles lebt mit allem nur, sofern es etwas ihm Verwandtes hat.
Mit womöglich noch vollkommenerer Deutlichkeit tritt uns diese
Erscheinung auch in der Gesellschaft entgegen. Die Wirtschaft zum
Beispiel ist mit dem Merkmal „Mittel für Ziele“ in ihrer Glied- und
Verrichtungseigenschaft gegeben. Diese Eigenschaft bestimmt also
ihre Beziehung zu dem gesellschaftlichen Gesamtganzen. Nur in
d i e s e r E i g e n s c h a f t t r i t t d i e W i r t s c h a f t a u c h
z u a n d e r n T e i l g a n z e n i n e i n V e r h ä l t n i s ; das
heißt aber: die Teilganzen, welcher Art immer, sind für sie selber
zu „Wirtschaft“ geworden — Z u a r t u n g ; oder sie sind für sie
nur „Gesellschaft“ schlechthin, nichts wie Gesamtganzes schlechthin
—
V e r g a n z u n g . Hier die Beispiele.
Für die Wirtschaft ist der Staat nicht „Staat“ (Organisation, Ein-
heitserscheinung und so weiter); es kann daher auch keinen „Ein-
fluß“ der Wirtschaft auf den „Staat“ oder des „Staates“ auf die Wirt-
schaft geben; sondern entweder ist „Staat“ ein Ziel, dem man die-
nen muß, das heißt aber ein Stück des Gesamtganzen „Gesellschaft“
schlechthin, zu dem sich das System „Wirtschaft“ einfach als Mittel
verhält (zum Beispiel wenn der Monarch, wenn der Staatsbeamte
besoldet wird, wenn man Steuer zahlt, ein Staatsgebäude baut oder
—
das, was von anderer Seite her „Staat“ heißt, wird in ihr selbst
zur „Wirtschaft“. Der „Staat“ wird Teil der Wirtschaft überall dort,
wo das wirtschaftliche Handeln die durch das staatliche Leben ge-
schaffenen Tatsachen als Mittel, als Wirtschaftsmittel gebraucht.
(Man könnte diese Wirtschaftsmittel „Kapital höherer Ordnung“
nennen.) Wenn die Genauigkeit, Strenge, Unbestechlichkeit der
Verwaltung gewertet wird, wenn ein vom Staate abgeschlossener
Handelsvertrag für Tausende von Kaufleuten und Unternehmern
das Mittel zur „Erschließung neuer Absatzquellen“ wird — dann