672
[565/566]
(2) Die T e i l g a n z e n d e r G e s e l l s c h a f t h a b e n
b l o ß D a s e i n a l s g l i e d l i c h e B e s t i m m t h e i t e n
d e s G e s a m t g a n z e n .
Mit diesen Wesensbestimmungen des Teilganzen (das Besonderte /
oder Konkrete und das Gliedliche) ist auch schon das Verhältnis zum
Gesamtganzen gegeben. Wesentlich dafür ist die Bestimmung der
Gliedhaftigkeit. Daher gilt für das Verhältnis des Teilganzen zum
Gesamtganzen dasselbe wie für das Verhältnis des Einzelnen, des
Gliedes zur Ganzheit überhaupt.
Danach verhält sich das Teilganze genau wie das Einzelne nach
dem Satze: Das Ganze ist früher als der Teil
1
.
Dies ist für uns eine entscheidende Erkenntnis.
Da dieser Satz besagt, der Teil sei nur als Bestimmungsstück und
somit Gliedhaftes des Ganzen da (denn ein Ganzes kann nur „Glie-
der“ haben, jede „Eigenschaft“, jedes „Bestimmungsstück“ erschöpft
sich in seiner Gliedhaftigkeit), so ist das herrschende Grundverhält-
nis zwischen Teilganzen und Gesamtganzen nun wiederum genau
dasselbe, wie wir es oben beim Individuum fanden: Das Teilganze
ist nicht mehr als ein eigenes Selbst, sondern rein und bloß als Glied
des Gesamtganzen vorhanden. Das Teilganze verhält sich zum
Gesamtganzen als bloßes Glied. Der Begriff eines Teilganzen ist
daher mit seinen Verrichtungen gegeben; nur sofern ein Teilgan-
zes arteigene (spezifische) Verrichtungen hat, kann es als eigenes
Teilganzes Dasein erlangen; „nur sofern“, das heißt nur nach Maß-
gabe dieser Arteigenheit.
Dem entspricht auch der Tatbestand des gesellschaftskundlichen Begriffsgebäu-
des. Der Einfachheit halber wählen wir unsere Beispiele zuerst aus dem Bereiche
des Handelns in der Gesellschaft. — Das Teilganze „Wirtschaft“ ist Glied des
Gesamtganzen „Gesellschaft“ in seiner Verrichtung als System der „Mittel“ (für
die zu erreichenden Ziele), wodurch ihm die übrige Gesamtheit der Gesellschaft
als Gesamtganzes von Zielen gegenübersteht. — Ebenso: Das Teilganze „Staat“
ist Glied des Gesamtganzen in seiner Verrichtung als „Gesamtorganisation des
gesellschaftlichen Lebens“ und als „Einheitserscheinung aller Organisationen“,
wodurch ihm die übrige Gesamtheit der Gesellschaft als das Nichtorganisierte
gegenübersteht. — Ferner: Das Teilganze „Recht“ ist Glied des Gesamtganzen
in seiner Eigenschaft als Gebäude von Normen, das dem Staate, aber auch jeder
andern Organisation zugrunde liegt. Zugleich ist es Einheitserscheinung aller
anderen, der nicht-rechtlichen Normen
2
.
1
Siehe oben S.
666
und 643 ff.
2
Siehe oben S. 580.