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tert. Nach der herkömmlichen formalen Logik steht es so, daß der

kontradiktorische von dem konträren Widerspruche zu unterschei-

den ist. Als „kontradiktorischer“ / Widerspruch gilt jener, der zwi-

schen zwei solchen Begriffen stattfindet, die ihren Oberbegriff aus-

füllen, so daß die Setzung des einen die Verneinung des anderen in

sich schließt. So: krumm—gerade, Ruhe—Bewegung, was ruht, be-

wegt sich nicht, und umgekehrt. Der „konträre“ Gegensatz findet

dann statt, wenn mehr als zwei Begriffe einen gemeinsamen Ober-

begriff ausfüllen: rot, grün, blau, gelb; Frühling, Sommer, Herbst

und Winter.

Formell gesehen besteht nun zwischen A und Non-A — so lau-

tet das Grundbeispiel Fichtes — zwischen Thesis und Antithesis

zweifellos die V e r n e i n u n g und gerade sie wäre nach der her-

kömmlichen Logik der kontradiktorische Widerspruch. Daß aber

der kontradiktorische Widerspruch nichts Fruchtbares sein könne,

da er nur ausschließt und verneint, wurde öfters bemerkt. Daher

haben die alten Hegelianer wiederholt und haben selbst scharfe

Gegner Hegels wie Trendelenburg

1

die Auffassung begründet: daß

der dialektische Widerspruch keine formelle Verneinung, sondern

inhaltlich ein konträrer Gegensatz oder, wie Trendelenburg es aus-

drückt, eine „reale Opposition“ sei, in dem Sinne nämlich, „daß

der bejahende Begriff verneint werde, inwiefern beide aufeinander

bezogen werden müssen“. — H e g e l selbst sagt in der Enzyklo-

pädie § 81: „Das dialektische Moment ist das eigene Sich-Auf heben

solcher Bestimmungen... und ihr Übergehen in ihnen e n t g e -

g e n g e s e t z t e “ — was also zugleich Setzen, fortgehende Kon-

kretion in sich schließt;

2

das soll im Sinne der formalen Logik den

konträren Gegensatz, nicht den kontradiktorischen ergeben. —

Trendelenburg also gibt den alten Hegelianern die „reale Oppo-

sition“ zu, was er bestreitet, ist jedoch, daß sie sich rein ableitend

1

Siehe Friedrich Adolph Trendelenburg: Logische Untersuchungen (1840),

3. Aufl., Leipzig 1870, S. 43 ff. — Trendelenburg beruft sich auf Julius Schal-

ler: Die Philosophie unserer Zeit, Leipzig 1837. — Vgl. auch Carl Rosenkranz:

Erläuterungen zu Hegel’s Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften,

Berlin 1870, S. 12 ff. (= Philosophische Bibliothek, Bd 98—99).

2

Vgl. auch Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Encyklopädie der philosophischen

Wissenschaften im Grundrisse, in 2. Aufl., neu herausgegeben von Georg Las-

son, Leipzig 1905, § 91: „Indem die Negation aber nicht mehr das abstrakte

Nichts, sondern ein Dasein und etwas ist.“