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Prophezeiungen, insbesondere ferner die in Babylonien besonders
gepflegten a s t r o l o g i s c h e n V o r h e r s a g u n g e n , endlich
die griechischen O r a k e l . Sie alle wurden durch eigens damit be-
schäftigte Priester oder Priesterinnen ausgeführt. Den V ö g e l n ,
B l i t z e n , S t e r n e n , als der Oberwelt näher, wurde eine be-
sondere Übereinstimmung mit der Harmonie des Alls zugetraut;
desgleichen auch den T i e r e n , bei welchen aber einzelne Organe
eine besondere Bedeutung hatten; besonders E i n g e w e i d e u n d
L e b e r wurden in Entsprechung mit der Oberwelt gedacht.
„ ... es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Leberschau zum Zwecke der
Erkundung des Geschickes bereits in altbabylonischer Zeit vorgenommen wurde.
Leberschau und auf Himmelskunde beruhende Astronomie gehören aber zu-
sammen. Die Leber gilt als Kosmos im kleinen“
1
.
Auch beim L o s w e r f e n soll eine besondere Übereinstimmung
mit der inneren Ordnung der Dinge zutage kommen, so daß ein
Orakel entstehen kann.
Solche und ähnliche Einrichtungen, welche aus der Zauberei ent-
sprangen, finden sich ausnahmslos in allen polytheistischen Religio-
nen, wie auch in jenen der Naturvölker.
Im griechischen Orakel zu D o d o n a wurde aus dem Rauschen der Blätter
der heiligen Eiche geweissagt, was wohl als ein Magnetisierungsmittel, ähnlich
dem Kristallsehen, gedeutet werden darf. Die Pythia zu D e l p h i , welche durch
Dämpfe, die nach antiker Überlieferung aus einem Erdspalt kamen, erregt wurde,
weissagte ebenfalls in ekstatischem Zustand.
Der magnetische T e m p e l s c h l a f in Ägypten und Griechenland beruht
auf Gesichten und Gehören.
Der Kultus von T i e r e n , die zu Weissagungszwecken in Tempeln gehalten
wurden, gehört wenigstens zum Teil in das Gebiet vermeintlicher Gesichte
(nämlich der Tiere selbst).
Die berühmten Seherinnen der Germanen, Veleda, Aurinia, Ganna, Thiota
beweisen, daß bei unseren Vorfahren ähnliche religiöse Einrichtungen bestanden
wie bei den Griechen. Auch bei den K e l t e n , wo die Druiden weissagten, bei
den I n d e r n , S l a w e n , C h i n e s e n fehlten sie nicht. Das z w e i t e G e -
s i c h t in Schottland, die „Vorkieker“ in Westfalen stellen zwar keine religiösen
Erscheinungen dar, lehren uns aber, die Brücke zu den religiösen Einrichtungen
der Orakel zu schlagen.
Überall schwanken dieselben Erscheinungen von eckt priesterlich-religiöser
Gestalt zu privaten, zum Teil wenig geachteten Beschäftigungen, wie es auch
heutzutage noch z. B. das K a r t e n l e g e n ist.
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Alfred Jeremias: Sterne, in: Roschers Lexikon der griechischen und römischen
Mythologie, Bd 4, Leipzig 1909—1915, Sp. 1438.