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Rapport gesucht werden, welcher sich bis zur Verehrung und zum

Opferdienst steigern kann. Darum kann der in der Religions-

geschichte so viel besprochene Fetischismus ohne Rückgang auf das

Magische niemals verstanden werden.

/

E.

Ä u ß e r e E n t s p r e c h u n g e n i m b e s o n d e r e n

( R i t u a l i s m u s )

In mehreren der angegebenen magisch-religiösen Gebilde, so in

den Talismanen, nehmen die äußeren Entsprechungen oder „Sym-

pathien“ bereits einen größeren Raum ein. Wir fügen nun noch

einige anschauliche Beispiele für Erscheinungen hinzu, in welchen

die Herstellung äußerer Entsprechungen völlig in den Vordergrund,

dagegen das Innerliche, die Versenkung, zurücktritt (allerdings ge-

gen das Wesen der Sache).

Plutarch berichtet von den Ägyptern: „Am 19. des ersten Monats (Thot, das

ist September, der ägyptische Jahresbeginn) feiern sie dem Merkur ein Fest, an

welchem sie Honig und Feigen essen“ und erklärt selbst diese Entsprechung,

indem er hinzufügt, daß sie dabei ausrufen: „Süß ist die Wahrheit“

1

.

Für die Gegenwart bieten die bekannten uralten religiösen F r ü h l i n g s -

u m z ü g e auf Straßen und Fluren ein Beispiel. Sie sind altheidnischen Ursprungs,

erhielten sich aber im Volksleben noch vielfach. Umzüge zu Ostern, am 1. Mai,

zu Pfingsten versinnbildlichen den Sieg des Sommers und sollen durch bildliche

Darstellungen, das heißt Entsprechungen, seinen Kampf mit dem Winter unter-

stützen. Zuweilen stellen in solchen Umzügen auch heute noch „Kämpferpaare

mit hölzernen Schwertern fechtend den Kampf des Sommers und Winters“ dar.

Oder „die Knaben (des Umzuges) halten einen hölzernen Degen in der rechten

Hand, die Bretzel in der linken und (helfen) nun mit dem Degen den Winter

austreiben...“ Albrecht Dieterich, dem wir diese Angaben entnahmen

2

, setzt

mit dem von ihm in Heidelberg beobachteten Brauch richtig auch den aus der

Antike überlieferten in Parallele, insbesondere die Phallosprozessionen des Dio-

nysoskultes. Seine Beurteilung übersieht aber, daß es sich hierbei dem Sinn der

Sache nach um einen Zauber handelt, bei welchem ursprünglich nicht ausschließ-

lich durch Schaugepräge, sondern auch durch Versenkung (ekstatische Zustände)

und durch dabei vorgebrachte Zaubersprüche gewirkt werden soll. Die Her-

stellung äußerer Entsprechungen, hier von Umzügen und Maskeraden, erschien

freilich um so mehr als Hauptsache, je unverstandener der Brauch wurde. —

Die bekannten, ebenfalls noch heute üblichen E r n t e u m z ü g e bieten ein

gleichartiges Beispiel

3

.

1

Plutarch: Ober Isis und Osiris, Berlin 1850, S. 68.

2

Albrecht Dieterich: Kleine Schriften, Leipzig 1911, S. 83.

3

Siehe unter anderen Martin Paul Nilsson, in: Lehrbuch der Religions-

geschichte, herausgegeben von Alfred Bertholet und Eduard Lehmann, Bd 2,

4. Aufl., Tübingen 1925, S. 291 ff. und öfter.