[161/162]
181
Leidenschaftlichen, Ungestümen“ des „Schandhaften, Krankhaften,
Unordentlichen“, nämlich Seth-Typhon entgegenwirkt
1
.
/
2.
Heroen oder Halbgötter
Der Begriff der Halbgötter oder Heroen kommt nicht (ebenso-
wenig wie der der Götter) aus der bloßen Verehrung und nach-
träglichen Vergrößerung von Heldentaten hervorragender Men-
schen (das wäre Euhemerismus). Dies anzunehmen beruht auf der
irrigen Ansicht, die Kunst und das Leben wären in alter Zeit so
profan gewesen wie heute. Vielmehr muß alles aus jenen Zeiten
sakral, religiös, und das ist magisch-mystisch, verstanden werden.
Der Begriff der Helden als Halbgötter kann in Wahrheit nur
aus der m a g i s c h - m y s t i s c h e n S c h u l u n g d e r H e l -
d e n kommen und nur daher verständlich werden. Mit dieser
Schulung ist keineswegs nur die Erwerbung von Körperkräften
verbunden, welche zu besonderen Heldentaten befähigen, sondern
auch die bestimmter innerer Erfahrungen. Um diese handelt es sich
in erster Reihe bei allen alten Heroensagen nach ihrer religiösen
Seite hin (wie das theosophische Schrifttum zum Teil zutreffend
hervorhebt).
Als grundlegend muß hier die Einsicht gelten: Die Stationen und
Arbeiten des Heroenlebens sind Darstellungen des inneren Werde-
ganges in der mystisch-magischen Schulung, sie zeigen den Helden,
wie er durch alle inneren Kämpfe und Neigungen hindurchdringt —
Wasser, Feuer als Sinnbilder — und bis zur Vollendung, zur mysti-
schen Einigung gelangt: der Sieg über das Niedrige und Böse —
versinnbildlicht durch D r a c h e n t ö t u n g —, selbst der Sieg
über den Tod — versinnbildlicht durch die H a d e s f a h r t . Herak-
les, Odysseus, Orpheus, Beowulf steigen in die Unterwelt hinab,
Siegfried in das Nibelungenreich.
Daher vollbringen die Heroen die großen Arbeiten, daher wer-
den sie sogar in den Himmel entrückt. Die Hauptzüge der Sagen
um Herakles, Achilleus, Theseus, Jason, Siegfried, Beowulf, auch
Odysseus, erhalten erst von diesem Gesichtspunkt aus ihren echten
Sinn. Bei Herakles liegt die mystische Deutung der Arbeiten auf
1
Plutarch: Über Isis und Osiris, S. 49 und öfter.