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Den schöpferischen Meistern gegenüber haben sie eine Vorläufer-

stellung. Ihre Werke scheinen weniger genial zu sein und sind oft,

wie bei Kant, mit Gelehrsamkeit überladen. Die Erkenntnistheore-

tiker der Übergangszeit müssen aber gerade so schreiben, daß sie in

den Zeiten des empiristischen Rationalismus verstanden werden.

Empiristen von der Art der Sophisten oder eines David Hume ver-

stehen nicht die Sprache des Idealismus oder gar der Mystik. Der

gelehrte Stil eines Kant aber wird wenigstens von den Besten aus

dem Lager des empiristischen Rationalismus verstanden.

Der „Philosophenspiegel“ weist am Beispiel des hellenischen und

Deutschen Idealismus nach, daß große Epochen und Höhepunkte der

Philosophie vor allem dann möglich werden, wenn in einer bestimm-

ten zeitlichen Reihenfolge verschiedene Begabungstypen höchsten

Ranges tätig sind: am Anfang die großen Kritiker, sodann die schöp-

ferischen Meister des Idealismus, die aus einem mystischen Grund-

erlebnis heraus wirken, und zuletzt die großen Systematiker, die

das gewaltige Gedankengut ordnen, zum System festigen und lehr-

und lernhaft darstellen. Diese systematische Leistung vollbrachte

für die Antike Aristoteles, für das Mittelalter Thomas von Aquino

und für den Deutschen Idealismus Hegel. Darum finden diese Meister

auch eine sehr ausführliche Darstellung und Würdigung.

Im „Philosophenspiegel“ sind der hellenische und der Deutsche

Idealismus ausführlicher behandelt als die mittelalterliche Philoso-

phie. Das ist keineswegs darauf zurückzuführen, daß Spann diese

Epoche weniger gekannt oder geschätzt hätte. Der Universalismus

Spanns hat seinen Namen gerade von den Idealisten des Mittelalters

genommen, den Universalisten, die sich freilich meist „Realisten“

nannten, weil sie im Gegensatz zu den empiristischen Nominalisten

von der Wirklichkeit der Universalien (der Ideen) überzeugt waren.

Am Mittelalter schätzt Spann vor allem die besonders enge Ver-

bindung zur Mystik, was er an mehreren Beispielen nachweist. Aus

dieser Würdigung entstand auch sein Buch über „Die mystische

Philosophie Meister Eckeharts“ (Bd 18). Die kürzere Behandlung

der mittelalterlichen Philosophie ist wohl darauf zurückzuführen,

daß Spann ihre Hauptrichtungen (Platoniker, Aristoteliker) nicht

als philosophische Neugründungen, sondern als Entfaltungen der

hellenischen Gründung betrachtete.