163
So ergeben sich drei große Epochen der europäischen Philosophie-
geschichte, die mit Höhepunkten der idealistischen Tradition zusam-
menfallen. Das ist nicht Zufall, sondern eine Bestätigung der Grund-
gedanken, nach denen Spann die Geschichte der Philosophie beur-
teilt. Freilich verteidigten auch in der Zwischenzeit große Meister
die Position des Idealismus, wie sich besonders klar bei Leibniz
zeigt, oder auch beim Neuplatonismus, von dem aus die Kluft zwi-
schen Antike und mittelalterlicher Philosophie überbrückt wurde. Das
zeigen die großen Namen Plotin, Augustinus und Scotus Eriugena.
Diese philosophischen Zwischensysteme zeigen Schwächen, die durch
den philosophischen Tiefstand ihrer Zeit verständlich werden, anderer-
seits aber wieder den vollen Sieg des Idealismus verhindert haben. So
führt z. B. bei Leibniz die Vernachlässigung des philosophischen Ver-
mittlungsbereiches zur Isolierung der Monaden. Die „prästabilierte
Harmonie“ kann nicht über den Verlust der Universalien und des
Allgemeinen hinweghelfen. Trotzdem aber darf man sagen, seit
Leibniz „wurde die idealistische Philosophie in Deutschland“ wieder
„heimisch. Kant wäre ohne seine Erkenntnistheorie nicht möglich,
auch Fichtes Gedanke, daß alles Seelische die Selbsttat des Ich sei,
kann man im gewissen Sinne als Weiterentwicklung seiner Ansichten
auffassen“ (Bd 13, 85).
III. Die Tradition der Ideenlehre
Die Tradition der abendländischen Philosophie beginnt im sechsten
vorchristlichen Jahrhundert bei den Hellenen. Diese Gründung gipfelt
in der Ideenlehre Platons. Die von Platon gelegte Grundlage darf
nicht verlassen werden, wenn sich die Philosophie richtig entfalten
soll. Darum nehmen die Darstellung der Platonischen Ideenlehre
und ihre Kritik im Werke Spanns einen breiten Raum ein.
Es ging Spann zunächst um die reine Darstellung und Verteidigung
dieses Erbes. Was haben sich doch die Gegner Platons, aber auch die
Historiker der Philosophie auf diesem Gebiet erlaubt! Die Ideen
Platons sollten bestenfalls Geltungszusammenhänge oder auch
Hypostasierungen sein! Vielfach wurden sie als philosophische
Poesie abgetan, etwa wie die größten Leistungen Schellings. Mit