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Auseinandersetzungen des Buches nicht das Wesenhaft-Erste sein“
(Bd 5, 5 f.).
Ein Buch dieser Art war natürlich geeignet, Freunde und Gegner,
mehr noch die Gegner, auf den Plan zu rufen. Wahrscheinlich ist
dieses Buch, das gar nicht im Zentrum des Spannschen Werkes steht,
auch mit der Anlaß zu seiner Kaltstellung nach 1945 gewesen.
Die brennende Aktualität des Werkes rückte der bekannte deutsche
Soziologe Alfred Vierkandt seinerzeit bereits in ein wissenschaft-
lich objektivierendes Licht, indem er aus seiner Sicht das Buch als
besonderes Zeugnis für die Fruchtbarkeit einer Gesellschaftslehre wer-
tete, die er als „formale Soziologie“ bezeichnete, die aber gleicherma-
ßen dem Historiker, dem Nationalökonomen oder dem Politiker eine
Handhabe zur Anwendung bieten könne. Weiters bemerkt hiezu
Ferdinand A. Westphalen in seinem Betreuernachwort zu dem Bande
in der Gesamtausgabe (Bd 5, 351 ff.), das Werk sei durchaus aus den
Problemen der Zeit zu beurteilen; vor allem sei der verfahrenmäßige
Aspekt von Bedeutung. Noch wichtiger sei allerdings die Erkenntnis
des ständischen, das heißt echt dezentralistischen Grundgefüges
jeder lebendigen Gesellschaft, wonach diese eine pluralistische,
nicht aber eine totalitäre Einheit darstelle. Ebenso bedeutsam sei
die Ablehnung der Lehre vom Staate als der einzigen Organisation
des Lebens, wonach der gesellschaftspolitische Zentralismus über-
wunden und die Selbstverwaltung der einzelnen gesellschaftlichen
Lebenskreise begründet wird.
Mißverständnisse gerade bezüglich dieses Buches konnten auch
erwachsen aus seiner Demokratiekritik, hinsichtlich der ständischen
Ordnung und der Lehre vom staatstragenden Stand. Solche Miß-
verständnisse oder Mißdeutungen sind jedoch unsachlich. Grund-
legend handelt es sich darin um die Kritik der individualistischen
Demokratie mit ihren Gefahren des Umschlagens in den Totalita-
rismus, der Verkennung der Rechte der Minderheiten, des radikalen
Zentralismus und der Gefahr der Radikalisierung.
Was eine s t ä n d i s c h e Ordnung anlangt, hat sich Spann
immer gegen den sogenannten „Ständestaat“ ausgesprochen, der
etwa das politische Parlament durch eine Versammlung berufstän-
discher Vertreter ersetzen zu können glaube und auf diese Weise
aus hölzernen Balken eine eiserne Brücke konstruiere. Vielmehr