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rien“. Die Wirtschaftspraxis arbeitet also überall mit „Theorien“, sie

eben ist die „Anwendung“ der Theorien, das Handhaben, Verwerten

ihrer Begriffe und Einblicke. Die Wirtschaftstheorie dagegen erklärt

dieses wirkliche Wirtschaften theoretisch.

Eine „angewandte Theorie“ als Wissenschaft und in diesem Sinne

eine politische Wissenschaft der Wirtschaft, „Volkswirtschaftspolitik“

gibt es also nicht; es gibt nur eine Theorie des wirklichen Wirtschaftens,

worunter auch das Wirtschaften des Staatsmannes fällt; und außerdem

allerdings eine geschichtlich-beschreibende Darstellung des wirklichen

Wirtschaftens des Staatsmannes. Diese geschichtlich-statistische

Beschreibung allein ist es, was man eine „Wissenschaft“ der

Volkswirtschaftspolitik nennen könnte.

Was spielt sich denn auch imwirtschaftspolitischen Leben ab? Zuerst

ein Streit um die Ziele — dieser Streit gehört der

Wirtschaftswissenschaft selber gar nicht an, darüber sind die Akten

wohl geschlossen. Es besteht in einem Richten der Zwecke unter- /

einander, der niedrigen an den höheren, bei jeweils vorausgesetzten

oberen Geltungen. Die Wirtschaftswissenschaft richtet nicht niedere

Zwecke an höheren, wie wir oben

1

zum Unterschied von den

normativen Wissenschaften ausgeführt haben. Sodann fragt es sich —

wenn die Ziele festgesetzt sind — um die Mittel zu ihrer Erreichung.

Diese Frage ist so offenbar eine Frage des praktischen Handelns (das

heißt der Bildung konkreter Rangordnung von Mitteln) wie beim

einzelnen Wirtschafter, z. B. dem Schuhfabrikanten, der sich fragt,

welche Muster, mit welchen Kostenelementen er erzeugen und zu

welchem Preise er sie auf den Markt bringen soll. Auch für den

Schuhfabrikanten ist es gut, wenn er unter seine Wirtschaftsmittel, mit

denen er Ziele erreichen will, auch theoretische Kenntnisse zählt; noch

wichtiger ist dies für den Staatsmann. A b e r

e i n e

W i s s e n s c h a f t d a r ü b e r , w e l c h e M i t t e l f ü r

e i n z e l n e Z i e l e n ö t i g s i n d , g i b t e s n i c h t , weil dies

gerade die Kardinalfrage aller Praxis ist: die Aufgabe der I n t u i t i o n

des Praktikers, aus allen ihm verfügbaren Mitteln die „nötigen“ oder

„besten“ herauszugreifen — die richtige Rangordnung aufzubauen —;

weil jedes wirkliche Tun und Handeln — in der Wirtschaft wie in der

Technik — immer nur in der Beantwortung dieser Frage besteht!

Daß Verwertung der Theorie eine intuitive, eine schöpferische

1

Siehe oben S. 304 ff. und 339 ff.