[40]
53
Comte vorkommt, gezogen — und damit die Wesenheit der Gesellschaft
schließlich vernichtet!
Macht man mit der Wechselwirkung als einer „psychischen“ ernst, wie
es Simmel und seine Nachfolger (Leopold von Wiese, Alfred Vierkandt
und andere) tun wollen, so k ö n n t e d a s n u r z u r
Z e r g l i e d e r u n g
s e e l i s c h e r
E r s c h e i n u n g e n ,
n i e m a l s a b e r z u r G e s e l l s c h a f t f ü h r e n . Wie kann je die
schönste Einteilung der Antriebe („Motivationen“) des Handelns, wie
kann je das tiefste Verständnis von Seelenvorgängen, wie z. B.
„Sympathie“, „Suggestion“ zur Erscheinung „Geselligkeit“ (die doch
klassenmäßig davon verschieden ist) führen? Wie kann die Zergliederung
des „Ressentiments“ zu „Krieg“, „Armee“ (Organisation!), führen? Wie soll
man weiterhin gar fortschreiten zu Erscheinungsformen wie „Staat“,
„Wirtschaft“, „Recht“, die sichtlich in einer eigenen Welt liegen? Das ist
nicht möglich. Denn die seelenkundliche Zergliederung (oder der
„Vergleich von seelischen Inhalten der Gruppenglieder“) bleibt notwendig
im Bereich des Seelischen und kann diesen Hexenkreis nie durchbrechen,
kann niemals zu „Gesellschaft“ führen. „Sympathie“ mag ein „soziales“
Gefühl sein, aber als Gefühl, als seelische Erscheinung gesehen, ist sie nur
ein Seelisches. Zergliedert man die seelische Wechselbeziehung zwischen
den Familienmitgliedern, so bleibt man in den seelischen Erscheinungen
„Liebe“, „Sympathie“, „Muttergefühl“, „Gehorsamsfreude“ stecken, bleibt
also Psychologe; geht man aber zur gesellschaftlichen Erscheinung
„Familie“ selbst über, dann kann man diese als eine bestimmte
Organisation, als einen Gliederbau untersuchen: Aufbau der Glieder,
Verrichtungen der Glieder in ihr, Herrschergewalten in ihr,
Verrichtungen der Familie selbst im größeren Ganzen des Staates, des
Volkstums und so fort — von Mutter g e f ü h 1 e n, Gehorsams g e f ü h 1 e
n und so fort ist wesenhaft nunmehr überhaupt keine Rede, nur als
Hilfsbegriffe und Voraussetzungen können sie Vorkommen. D e n n
n i c h t u m G e f ü h l e h a n d e l t e s s i c h n u n , s o n d e r n
u m d a s g e s e l l s c h a f t l i c h e G e b i l d e , seine Ausgliederung in
Teile, seine Verrichtungen im größeren Ganzen. — Ein anderes Beispiel
biete die Wirtschaft. Gegenüber der „Unternehmung“ z. B. ist es klar, daß
nicht Haß- oder Liebesgefühle der Arbeiter und Unternehmer (und so
weiter) das W i r t s c h a f t -