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Verhältnisse fragt, nicht nach der kausalen Verknüpfung im Wirk-

lichkeitsprozeß, nicht nach dem ganzen Inhalt. Es ist also der Begriff

der D u r c h f ü h r u n g (Erfüllung oder Verwirklichung, sollte

eigentlich heißen Mit-Verwirklichung, weil Regel und Geregeltes als

G a n z e s verwirklicht werden), der das Aufgeben des teleologi-

schen Erkenntnisprinzips und eine Flucht zur kausalen Betrachtung

bedeutet, und in welchem die Verhältnisbestimmung von Form und

Materie i g n o r i e r t erscheint, weil in ihm auf die „Materie“

selbst (und zwar u n m i t t e l b a r , nicht von seiner „Bedingung“,

der „Form“ aus) zurückgegangen wird.

Stammler nimmt nun aber sowohl bei der analytischen wie syn-

thetischen Klassifikation der sozialen Phänomene, wie überhaupt bei

der Begriffsbestimmung der Sozialwirtschaftslehre, ganz offen für

die Erkenntnis sozialer Phänomene, die doch s o z i a l nur in ihrer

Eigenschaft als bestimmt g e r e g e l t e sind, seine Zuflucht zur

E r f ü l l u n g der Regelungsbeziehung! Wie könnte man nach ihm

t e l e o l o g i s c h (das heißt Erkenntnis des Stoffes von der Form

aus) den Begriff der Erkenntnis der Durchführung denken? Offen-

bar nur so, daß die Durchführung dadurch erkennbar werden kann,

daß alle Teilhandlungen, in welchen sie sich vollzieht, selbst wieder

unter der Bedingung äußerer Regelung stehen (also wesentlich Be-

gründung von Rechtsverhältnissen darstellen).

Das Schema solcher teleologischer Erfassung der Tatsachen der Erfüllung wäre

dann folgendes: bei Erfüllung des Rechtsverhältnisses A (z. B. Verwendung eines

Angestellten) treten in Begründung der Teil-Rechtsverhältnisse die Kombinatio-

nen auf: a b c ... oder r s t. .. usw. (z. B. die Teilverwendungen, Lohnzahlung

usw.). Die Teil-Erfüllungshandlungen stehen nicht alle unter rechtlichen Bedin-

gungen, aber allerdings mindestens unter konventionalen.

Selbst dieses Schema ohne Ende ist aber in vieler Beziehung nicht einmal

p r a k t i s c h . Es zeigt sich z. B. auf das Verhältnis rechtlicher Unfreiheit (Skla-

verei) völlig unanwendbar, weil der Sklave keine Rechtsfähigkeit besitzt. So sind

die bedeutenden Standesunterschiede der römischen Sklaven von dem Rechts-

verhältnisse aus gänzlich unerkennbar, was Stammler selbst feststellt

1

. Vor allem

aber läßt sich die Erfüllung von Regelungsverhältnissen überhaupt nur t e i l -

1

Rudolf Stammler: Wirtschaft und Recht, a. a. O., S. 274. — Stammlers Be-

merkung (Die Lehre von dem richtigen Rechte, Berlin 1902, S. 231), daß es sich

hier nur um ein Rechtsverhältnis der H e r r e n , welche Sachenrechte an den

Menschen haben, handelt, ist ungenügend, und in Widerspruch damit, daß er

a. a. O. die Erkenntnis der bezüglichen T a t s a c h e n selbst fordert. Vgl. hierzu

C a r l G r ü n b e r g : Artikel Unfreiheit, in: Handwörterbuch der Staatswissen-

schaften, Bd 7, 2. Aufl., Jena 1901, S. 320 f.