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Auch bei anderen Autoren der biologischen Richtung, wie

F o u i l l é und W o r m s , die in der biologischen Detailerfassung

des Gesellschaftskörpers viel weiter gehen als die meisten anderen,

ist dieser Gedanke des Sozialen als eines H y p e r o r g a n i s c h e n

vorhanden und wirksam. A l f r e d F o u i l l é findet den wesent-

lichsten Unterschied zwischen dem sozialen und individuellen Or-

ganismus in dem Mangel an Selbstbewußtsein (Ichheit) des sozialen

Körpers

1

. Es ist deutlich, daß bereits hiermit die Gesellschaft zu

einer besonderen p r i n z i p i e l l e n Art des Organischen wird.

F o u i l l é bestimmt sie — dabei aber trotzdem an der Artgleich-

heit von Gesellschaft und Organismus nach Ursprung, Zweck und

Natur festhaltend! — als einen durch V e r t r a g zusammengehal-

tenen und charakterisierten Organismus (organisme contractuel)

2

.

R e n e W o r m s geht zwar sogar so weit, der Gesellschaft ein

dem Ich-Bewußtsein wesensgleiches Selbstbewußtsein zuzuschreiben,

und das Reich des Sozialen ist ihm deswegen nur ähnlich g r a d u e l l

vom Tierreiche verschieden, wie dieses etwa vom Reiche der Pro-

tisten und Pflanzen

3

. Aber von seiner Definition der Gesellschaft

— „la société est une réunion d’êtres vivants dont chacun pourrait

subsister isolément“

4

— erklärt er selbst, daß man mit demselben

Rechte, als man die Gesellschaft eine Vereinigung von Organismen

nennt, jeden Organismus in Ansehung seiner lebenden Einheiten

phie, Berlin 1899; R u d o l f S t a m m l e r : Wirtschaft und Recht nach der

materialistischen Geschichtsauffassung, Eine sozialphilosophische Untersuchung,

Leipzig 1896, S. 83 f.; T h e o d o r K i s t i a k o w s k y : Gesellschaft und Ein-

zelwesen, Berlin 1899, S. 21 ff.; A l b e r t H e s s e : Der Begriff der Gesell-

schaft in Herbert Spencers Soziologie, in: Jahrbücher für Nationalökonomie

und Statistik, Jg 39, Jena 1901, S. 737 ff. — Die beste und umfassendste Dar-

stellung bisher ist L e o p o l d v o n W i e s e : Zur Grundlegung der Gesell-

schaftslehre, Eine kritische Untersuchung von Herbert Spencers System der syn-

thetischen Philosophie, Jena 1906.

1

Alfred Fouillé: La Science sociale contemporaine, 3. Aufl., Paris 1896,

S. 234, 245 f. und öfter.

2

Vgl. über Fouillé P a u l B a r t h : Philosophie der Geschichte als Sozio-

logie, Leipzig 1897, S. 145 ff.; F r i e d r i c h U e b e r w e g , M a x H e i n z e :

Grundriß der Geschichte der Philosophie, 9. Aufl., Berlin 1902, S. 392 ff., wo-

selbst weitere Literatur.

3

Rene Worms: Organisme et société, Paris 1896, S. 214 ff., 393 und öfter;

daher darf wohl nur in diesem graduellen Sinne seine Bezeichnung der Gesell-

schaft als Hyperorganismus verstanden werden (vgl. a. a. O., S. 37).

1

Rene Worms: Organisme et société, Paris 1896, S. 31.