Table of Contents Table of Contents
Previous Page  225 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 225 / 9133 Next Page
Page Background

224

f r a g e der Sozialwissenschaft dar, nämlich der Frage: Wie ist So-

zialwissenschaft als Wissenschaft von K o m p l e x e n , deren Ele-

mente ja bereits allseitiger Erforschung unterliegen, möglich? — Die

Beantwortung dieser Frage geht bloß auf die erkenntnistheoretische

M ö g l i c h k e i t einer — erst noch zu unternehmenden — Be-

zeichnung des selbständigen, der Sozialwissenschaft eigenartigen

Gegenstandes.

2. Simmels Lösung dieser erkenntnistheoretischen Vorfrage

(„Wechselwirkung“) ist in ihrer Durchführung und Anwendung

unzulänglich und in ihrer Konstruktion widerspruchsvoll und meta-

physisch. — Dies ist aber für die weitere Kritik des Gesellschafts-

begriffes nicht von entscheidendem Belang, da dieser nach I. 1. erst

mit der Bezeichnung der spezifisch g e s e l l s c h a f t l i c h e n

Wechselwirkung konstruiert erscheint, also in der Betrachtung die-

ser Bezeichnung selbst der Schwerpunkt der Kritik liegen muß.

II.

1. Die Bestimmung der g e s e l l s c h a f t l i c h e n Wechsel-

wirkung als Wechselwirkung p s y c h i s c h e r Einheiten wurde

von S i m m e l unabgeleitet eingeführt.

2.

Sie ist selbst an und für sich betrachtet, das heißt als m a t e -

r i e l l e Bestimmung (von deren sonstigem Anspruch im Zusam-

menhange des Problems abzusehen ist) anfechtbar.

3.

Sie ist ihrem S i n n e nach höchstens geeignet, ein h y p o -

t h e t i s c h als sozial zu betrachtendes Tatsachengebiet dadurch

abzugrenzen, daß sie andere, für dieses Soziale gar nicht in Be-

tracht kommende G e b i e t e a u s s c h l i e ß t . Dieses vorläufig ab-

gegrenzte Tatsachengebiet ist aber in seiner Eigenart als Soziales im-

mer erst noch zu charakterisieren, denn jene Abgrenzung oder Aus-

schließung des Zweifellos-Nicht-Sozialen kann natürlich nicht ein-

mal ihrem Sinne nach selbst das Kriterium des Sozialen sein.

4.

Da demnach S i m m e l s Begriffsbestimmung keinen wirk-

lichen Gesellschaftsbegriff vorstellt, vermag sie auch die erkenntnis-

theoretisch-methodologischen Bedingungen, die ein solcher erfüllen

müßte, weder formell noch materiell zu erfüllen, namentlich aber

keine Handhabe zur Bildung eines materialen Gesellschaftsbegriffes

zu bieten.

III.

1. S i m m e l s Problemstellung der Soziologie ist n i c h t

aus seinem Gesellschaftsbegriffe abgeleitet und aus demselben auch

nicht ableitbar.