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ne soient, eux aussi, psychiques en quelque manière puisqu’ils consistent tous
en des façons penser ou d’agir
."
1
Vielmehr erscheint auch Durkheim das Soziale
als eine Synthese sui generis, als eigenartiger Z u s a m m e n h a n g der Ele-
mente, wie auch der obige (von mir gesperrte) Ausdruck „formé par leur Union“
andeutet. Damit scheidet Durkheim streng genommen von der psychologistischen
Auffassung der gesellschaftlichen Phänomene aus und nähert sich der am Schlusse
dieses Buches andeutungsweise entwickelten Ansicht an
2
.
Was die o r g a n i s c h e S c h u l e d e r S o z i o l o g i e be-
trifft, so muß erklärt werden, daß sie einen eigentlichen b i o l o -
g i s c h e n Gesellschaftsbegriff (Gesellschaft als Organismus) ge-
nau besehen niemals durchgeführt hat. Vielmehr fallen ihre Vor-
stellungen tatsächlich unter die behandelte psychologistische Katego-
rie, an welcher sie vergebens den strengen Begriff des Organischen
zu vollziehen versucht.
Es ist für die g e s a m t e organische Schule charakteristisch, daß
niemals eine u n b e d i n g t e Übertragung des Begriffes des Or-
ganischen auf das Soziale stattfindet, sondern daß ihr das Soziale
stets noch eine — wenn auch nicht zugestandene — p r i n z i -
p i e l l e Abweichung vorn Organischen aufweist, und zwar regel-
mäßig ein prinzipielles M e h r diesem gegenüber enthält. Die or-
ganische Schule mag zwar die prinzipielle (nicht bloß heuristisch zu
meinende) Analogie, das ist eine H o m o l o g i e , gelegentlich be-
haupten — in der D u r c h f ü h r u n g bleibt sie sich s o w e i t
niemals treu und k a n n dies auch gar nicht. Vielmehr ist der Ge-
sellschaftsbegriff, mit dem sie in Wirklichkeit arbeitet, stets ein
p s y c h o l o g i s t i s c h e r.
Dies sei an den wichtigsten Repräsentanten dieser Schule kurz
nachgewiesen.
Zunächst H e r b e r t S p e n c e r . Er bezeichnet das Soziale
selbst als Ü b e r o r g a n i s c h e s , welches der Entwicklung des
Organischen so gegenübersteht, wie dieses dem Anorganischen
3
.
1
Emile Durkheim: Les règles de la méthode sociologique, a. a. O., S. XVI.
2
Zur Kritik D u r k h e i m s vgl. C é l e s t i n
B o u g l é :
Les Sciences
sociales en Allemagne, Paris 1896, S. 147 ff.; G a b r i e l T a r d e : La théorie
organique des sociétés, in: Annales de l’Institut international de Sociologie,
Paris 1898, S. 209 ff. — Die Identifizierung des D u r k h e i m ’ schen mit dem
S t a m m l e r ’ schen Gesellschaftsbegriffe durch P a u l B a r t h : Philosophie
der Geschichte als Soziologie, Leipzig 1897, S. 287, muß abgelehnt werden.
3
Herbert Spencer: Die Prinzipien der Soziologie, deutsch von Benjamin
Vetter, 4 Bde, Stuttgart 1877 ff., Bd 1, vgl. §§ 1—5.