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eine Gesellschaft nennen könnte. Es ist also deutlich genug, daß

hier, wo nur der eine Begriff mit Hilfe der andern definiert wird,

kein Beweis prinzipieller Identität vorliegt. Solange diese nicht in

der Definition selbst nachgewiesen werden kann und sogar bedeu-

tende Einzelunterschiede zugegeben werden, ist eben noch immer

die Bestimmung der s p e z i f i s c h e n D i f f e r e n z ausständig.

Übrigens sagt W o r m s im unmittelbaren Anschlusse an die an-

geführte Definition, die er selbst, „gemäß dem jetzigen Zustande

der Sozialwissenschaften“, unzureichend findet, folgendes: „Il est

clair, que la société ... n’est pas un groupement factice et artificiel,

mais bien un groupement imposé par les nécessités generales de

l’existence. Ce que nous souhaitons prouver, c’est que ce groupe-

ment est analogue à celui des cellules d’un organisme. Mais nous ne

prétendons pas dire que seul il lui soit analogue.“

1

In Hinsicht auf

den Einwand S p e n c e r s , der sich auf die Bewußtheit der sozia-

len Elemente (gegenüber der Unbewußtheit der Elemente des Or-

ganismus) bezieht, gibt W o r m s sogar zu: „En un mot, s’il est

peu raisonable de nier toute ressemblance entre la société et l’orga-

nisme, il ne serait pas moins téméraire de prétendre pousser cette

ressemblance jusqu’à l’identité.“

2

Dies steht aber in krassem Wider-

spruche zu seinen tatsächlichen sonstigen Ausführungen

3

.

Das Vorstehende beansprucht nicht, eine vollständige Würdi-

gung der organischen Schule zu sein. Indessen genügt es für unser

Problem des formalen Gesellschaftsbegriffes durchaus. Außerdem

können wir zur Ergänzung auf eine reiche, zum Teil vortreffliche

Literatur verweisen. Die wichtigsten Schriften sind in nachstehen-

der chronologischer Anordnung die:

G e g e n die organische Schule: C a r l M e n g e r : Untersuchungen über

die Methode der Sozialwissenschaften und der politischen Oekonomie insbeson-

1

René Worms:

Organisme et société, Paris 1896, S. 31 f.

2

René Worms:

Organisme et société, Paris 1896, S. 72.

3

Vgl. über Worms A l b e r t S c h ä f f l e s Besprechung von „Organisme

et société“ in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd 53, Tübingen

1897, S. 568; ferner P a u l B a r t h : Philosophie der Geschichte als Soziologie,

Leipzig 1897, S.

157 ff., wo, nebenbei gesagt, der Irrtum unterläuft,

daß

W o r m s d a s M e n s c h e n p a a r für das Element

der Gesellschafterkläre.

Worms erklärt vielmehr ausdrücklich das I n d i v i d u u m als Element (Zelle)

des sozialen Körpers. Er schließt z. B. das bezügliche Kapitel mit den Worten:

„Nous persistons à voir dans l’être humain isolé et unisexuel la véritable cellule

du corps social“ (S. 130).