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Die Hauptschwierigkeit von Marxens Preislehre ist aber folgende:
Schon bei Ricardo erwies es sich, daß der A r b e i t s w e r t
e i n e s G u t e s m i t s e i n e m P r e i s g r u n d s ä t z l i c h
n i c h t ü b e r e i n s t i m m e n k a n n . Da nämlich bei freiem
Wettbewerb alle Profite gleich hoch sind, so müssen, nach Ricardo
selbst, jene Geschäftszweige, die viel dauerhaftes Kapital verwenden
und eine lange Umschlagzeit haben, z. B. Brückenbaubetriebe, ihre
Erzeugnisse ü b e r dem Arbeitswert verkaufen; denn sonst könn-
ten sie ja bei der langsamen Kapitalnutzung nicht den gleichen
Profit haben wie jene Wettbewerber, die ihr Kapital in kurzen Um-
schlagszeiten umsetzen, z. B. Verleger in der Heimarbeit. Wenn
aber die Warenpreise dauernd vom Arbeitswert abweichen, ist
schon der Stab über die ganze Arbeitswerttheorie gebrochen. Die-
selbe Schwierigkeit bleibt bei Marx bestehen
1
, sie vergrößert sich
aber noch durch seine M e h r w e r t t h e o r i e . Wenn der Unter-
nehmer wirklich vom „Mehrwert“, der unbezahlten Arbeit lebte, so
müßten jene Unternehmungen, die viele Arbeiter und wenig „kon-
stantes Kapital“ (Anlagekapital) beschäftigen, viel Profit machen,
z. B. im Konfektionsgewerbe, jene, die weniger Arbeiter, aber mehr
konstantes Kapital beschäftigen, z. B. im Walzwerke, wenig Profit
machen. Außerdem müßte die Konzentration notwendig dadurch
gehindert werden, denn ein Unternehmer, der z. B. drei Fabriken
zu 500 Arbeitern hat, also in 1500 Arbeitern seine Mehrwertquelle
besitzt, wäre töricht, wenn er nun seine Erzeugung in einer Riesen-
fabrik konzentrieren würde, wo man infolge besserer Maschinen-
anwendung und Technik vielleicht nur 1000 Arbeiter beschäftigt,
also mehr „konstantes“ und weniger „variables“ Kapital.
Demnach ist der ganze Begriff des Mehrwertes nach Vorausset-
zungen — Arbeitswert — und Folgen — Konzentration — grund-
sätzlich unhaltbar.
Und welches Gaukelspiel führt Marx zur Erklärung des Verhältnisses von
A r b e i t u n d A r b e i t s k r a f t auf! Alle Waren können nach ihm ihren
Wert nur von der Arbeit haben, die in ihnen enthalten ist— unter Absehung von
ihrem Gebrauchswert. Die Ware Arbeitskraft aber verhält sich, so führt er selbst
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1
Vgl. besonders: Karl Marx: Das Kapital, Bd 3, 1. Buch, 2. Abschnitt. Im
einzelnen, z. B. Nichtberücksichtigung der Seltenheit der Güter und jener Güter,
die nicht Arbeitserzeugnisse sind — siehe die ausführliche Kritik der Wert- und
Mehrwertlehre bei Eugen von Böhm-Bawerk: Geschichte der Kapitalzinstheorien,
3. Aufl., Innsbruck 1914, S. 501 ff. und besonders S. 537 ff.