111/112]
155
aus, anders: Ihr Tauschwert zwar ist gleichfalls nur bestimmt durch die Her-
stellungsarbeit (= dem Arbeitsgehalt der notwendigen Lebensmittel); a b e r i h r
G e b r a u c h s w e r t i s t d i e Q u e l l e a l l e r W e r t e ! ! Wie kann aber,
so müssen wir fragen, Gebrauchswert die Quelle, der Inbegriff von Wert sein?
An d i e s e m e n t s c h e i d e n d e n P u n k t e k o m m t p l ö t z l i c h d e r
G e b r a u c h s w e r t , d i e L e i s t u n g , a l s d i e N a t u r d e s W e r t e s
u n d a l s d i e G r u n d e r s c h e i n u n g a l l e r W i r t s c h a f t z u m
V or s c h e i n. Marx aber ficht dieser Widerspruch zu seiner Grundvorausset-
zung, welche heißt Wert = Arbeit, nicht = Gebrauchswert, wenig an; er war
ja auch Politiker, nicht eigentlich Gelehrter, ihm fehlten die theoretischen Vor-
aussetzungen für strenge Wissenschaft ebensosehr wie die Unbefangenheit.
Ein grundlegender Mangel bei Marx ist ferner, daß ihm frucht-
bar nur die lebendige Arbeit, die Sachgütererzeugung, ist. In Wahr-
heit ist aber auch „vorgetane Arbeit“ (Kapital) fruchtbar, ferner
geistige Arbeit
1
. Daß der Lohn jener Arbeiter, die das Kaufmanns-
kapital beschäftigt, von dem Mehrwert der gewerblichen und land-
wirtschaftlichen Arbeiter bestritten werden müsse, ist eine wunder-
liche Folgerung aus seiner materiali- / stischen Auffassung von der
Erzeugung (die nur Sachgüter anerkennt). Auch darin liegt wieder,
daß die Güterpreise grundsätzlich mit ihrem Arbeitsgehalte nicht
übereinstimmen können, denn nun muß der Händler die gewerb-
lichen Güter dauernd unter ihrem Arbeitswerte erstehen. Marx
mußte wohl oder übel alle diese und andere Schwierigkeiten später
selbst einsehen und gab daher im 3. Band des „Kapital“ zu, daß der
Preis der Waren nur ausnahmsweise mit ihrem Arbeitswerte über-
einstimmen kann. (Von dem schwachen Abwehrversuch der „rela-
tiven“ und „absoluten Mehrwertrate“ im 1. Band brauche ich wohl
hier gar nicht zu sprechen.) Der Mehrwert soll nun nach Marx von
der g e s a m t e n Kapitalistenklasse als deren „Gesamtprofitmasse“
bezogen und durch den freien Wettbewerb auf die Einzelnen auf-
geteilt werden — eine hohle, künstliche Konstruktion, die auch von
den meisten Marxisten nicht angenommen wird, denn die Preise
bilden sich doch nicht für Gesamt-Jahreserzeugnisse und Gesamt-
Klassen!
Die Preislehre von Marx, als Ganzes genommen, enthält, so darf
man ohne Übertreibung sagen, eine recht p r i m i t i v e A u f -
r e c h n u n g d e r P r e i s e l e m e n t e . Sie behauptet nämlich,
der Preis eines Erzeugnisses sei gleich: unmittelbarer Arbeitsauf-
1
Vgl. darüber unten S. 158 f. und öfter.