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und nur politisches, also nicht um ein wissenschaftliches Gedanken-
gebäude handelt; daß es sich vielmehr, wenn nach wissenschaft-
lichem Maßstabe beurteilt, um ein, die nackte Wahrheit zu sagen,
unsachverständiges, ein dilettantisches Gedankengebäude handelt!
Nicht stichhaltig in den Voraussetzungen, blendend logisch im
Weiterdenken, null im letzten Zuendedenken, falkenäugig für das
Zerstörende, blind für das Aufbauende in der Wirklichkeit — das
ist das Gepräge von Marxens Lehre, das ist das Gepräge seiner
„Wissenschaftlichkeit“. Die folgende Auseinandersetzung wird dieses
harte Urteil zu rechtfertigen haben.
I. Die Wirtschaftslehre
Kein volkswirtschaftlicher Fachmann, welcher Richtung und
Schule er auch angehöre, kann heute bestreiten, daß die Wirt-
schaftstheorie Marxens in allen einzelnen Lehrstücken fehlerhaft, ja,
daß sie in ihren meisten Gedanken rückständig und unhaltbar ist.
Betrachten wir die ersten Ausgangsbegriffe
1
: Reichtum, Wert,
Tausch, Preis. Reichtum ist für Marx eine Summe von Sachgütern,
die Volkswirt- / schaff ein voller Speicher derselben — eine Summe!
Also eine vollständig mechanische und quantitative Auffassung, ge-
nau wie bei Smith und Ricardo, die doch als Individualisten Marxens
Gegenpole sein sollten. Die organische Zusammensetzung der Reich-
tumsteile, das Geistige der Wirtschaft, das Merkmal des inneren
Wertes der Ziele, der Produktivkräfte, sie alle bleiben vollkommen
unberücksichtigt.
Wie anders, wie unendlich viel tiefer hat dagegen lange vor Marx
Adam Müller, hat auch Friedrich List, hat Carey, haben die deut-
schen Nutzwerttheoretiker das Wesen des Reichtums bestimmt. Der
größere Reichtum ist, so sagt Adam Müller, nicht dort, wo mehr
Güter sind, sondern wo die größeren Kräfte sind, ihn zu halten,
und die bedeutenderen Gefühle, ihn zu schätzen. Welch’ großen
Fortschritt hatten Adam Müller, List, Carey über Ricardo hinaus
gemacht, wie blind war Marx für diesen Fortschritt.
Wie sie oben, S. 138 ff., dargestellt wurden!