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Kleintierzucht, usw. Außer der Betriebsgröße kommt hier noch die
Betriebsart in Betracht (Getreide oder Holz, intensiv oder exten-
siv). Durch die Thünensche Lehre
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ist die nur v e r h ä l t n i s -
m ä ß i g e R i c h t i g k e i t der verschiedenen Landbausysteme
bewiesen worden, was aber sinngemäß auch für die Betriebsgrößen
gilt
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.
Wie steht es aber nun auf gewerblichem Gebiete. Auch hier
möchte ich eine nur v e r h ä l t n i s m ä ß i g e R i c h t i g k e i t
d e r B e t r i e b s a r t e n u n d B e t r i e b s g r ö ß e n behaupten!
Zum schweren Schaden unserer Wissenschaft ist die Ausbildung die-
ses Gedankens, von dem sich schon bei Adam Smith und besonders
bei Thünen Ansätze finden, unterlassen worden. Die entscheidende
Bedingung für die gewerbliche Betriebsart und Größe erblicke ich
in der G r ö ß e d e s M a r k t e s . Für Gewerbe, Handel und Ver-
kehr ist Grundtatsache, daß die Marktgröße gleichartiger Waren
eine entscheidende Rolle für die Leistungsfähigkeit der jeweiligen
Betriebsform spielt. Ich möchte hier die Regel formulieren: Für
den k l e i n e n M a r k t d e r K l e i n b e t r i e b , f ü r d e n
g r o ß e n M a r k t d e r G r o ß b e t r i e b . Der kleine Markt ist
gegeben im Ausbesserungsgewerbe, im Aufbewahrungs(Konservie-
rungs-)gewerbe, in vielen Verschleißgewerben; ferner bei kunst-
gewerblichen Gegenständen und in allen Feingewerben; sodann
überall dort, wo infolge leichter Ver- / derblichkeit, schwerer Ver-
sendbarkeit und dergleichen der kleine, zersplitterte Markt unüber-
windlich ist (z. B. Lebensmittelgewerbe, Baugewerbe); endlich ist
aber der kleine Markt auch dort gegeben, wo eine wenig dichte
Bevölkerung vorhanden ist und geringer Verkehr wie geringer Be-
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Eine Darstellung der Lehre Thünens findet sich in meinem Buche: Die Haupt-
theorien der Volkswirtschaftslehre, 24. Aufl., Leipzig 1936, S. 109 ff.; jetzt:
28. Aufl., Graz 1969, S. 135 ff. (= Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd 2).
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Zusatz zur dritten Auflage. Da, wie sich aus Obigem ergibt, die Landwirt-
schaft keineswegs durchaus konzentrierbar ist, der Großbetrieb vielmehr nur
unter besonderen Bedingungen der wirtschaftlich richtige ist (daher entschiedenes
Uberwiegen der Mittel- und Kleinbetriebe erfordert wäre), so möge man ermes-
sen, wie wesenswidrig die landwirtschaftlichen Riesenbetriebe, die sogenannten
Getreidefabriken sind, welche die Bolschewiken einführen wollen. Dazu kommt,
daß die Verwurzelung des Menschen mit dem Boden nun einmal zur Landwirt-
schaft gehört, in ihr daher Rationalisierung und Mechanisierung weit engere
Grenzen haben als im Gewerbe.