Eine Wahrheit, die für die gesamten Gesellschaftswissenschaften
entscheidend, aber noch lange nicht allgemein anerkannt ist, lehrt:
daß es zuletzt nur zwei grundsätzliche Auffassungen vom Wesen
der Gesellschaft gebe, eine individualistische oder atomistische und
eine universalistische oder organische. Darum kann es insbesondere
auch nur zweierlei Auffassungen vom Wesen der Wirtschaft geben:
eine individualistische und eine universalistische. Trotz aller Bunt-
heit der Lehrbegriffe, die die Geschichte des volkswirtschaftlichen
Denkens zeigt, bewährt es sich zuletzt doch, daß ihr nur jene zwei
Arten von Volkswirtschaftslehre, die individualistische und die
universalistische, zugrunde liegen.
Wer sich je gründlich in der Geschichte der Volkswirtschafts-
lehre umgetan und sie daraufhin prüfte, wird das bestätigt finden.
Wir wollen es aber nicht an Hand der geschichtlichen Entwicklung
erweisen, sondern die tragenden Systembegriffe beider Volkswirt-
schaftslehren entwickeln und miteinander vergleichen. Die marxi-
stische Lehre scheiden wir als eine unorganische Mischung beider
Grundauffassungen (die übrigens wesentlich individualistisch blieb)
von vornherein aus
1
; ebenso die streng geschichtlichen Richtungen,
weil sie theorielos blieben.
/
Wie sieht nun
das Begriffsgebäude der individualistischen Volkswirtschaftslehre
in den verschiedenen Zeiten und bei den verschiedenen Verfassern
aus? — welche sind überall seine tragenden Lehrbegriffe? Diese
Frage gilt es zuerst zu beantworten.
1
Den Nachweis dafür siehe unten S. 148 f. und öfter und in der Marx-
Kritik meines Buches: Der wahre Staat, 3. Aufl., Jena 1931, S. 108 ff. [4. Aufl.,
Jena 1938, S. 108 ff.].