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Wirtschaft, vom Tun des Einzelnen aus ist sie zu verstehen und zu
erforschen.
Aus diesem ersten Grundbegriffe der individualistischen Volks-
wirtschaftslehre, dem Einzelnen als dem Wirtschaftsatome, folgt un-
mittelbar der zweite systembestimmende Gedanke: der E i g e n -
n u t z . Jeder soll sein Schicksal so günstig wie möglich gestalten
(„intérêt"). Der Anfang der Wirtschaft ist das Tun der Einzelnen;
dieses Tun ist durch den Eigennutz der Einzelnen eindeutig be-
stimmt, ist also selbstbestimmtes, autarkes Tun. Daher die Robin-
son-Vorstellung und der Begriff des Homo oeconomicus (des rein
eigennützig handelnden Wirtschaftsmenschen) das erste Rüstzeug
dieser Theorie sind.
Daraus folgt ebenso unmittelbar der dritte systembestimmende
Grundbegriff: das Z u s a mm e n t r e f f e n d e r e i n z e l n e n
W i r t s c h a f t e r a u f d e m M a r k t u n d d i e d a m i t g e g e -
b e n e m e c h a n i s c h e E n t s t e h u n g d e r W i r t s c h a f t s -
e r s c h e i n u n g e n . Indem nämlich jeder einzelne Mensch seinen
eigenen Vorteil verfolgt und diese Handlungen ungehindert Zusam-
mentreffen — der „ordre naturel“, der „natürliche“, ungehemmte,
freie Verkehrsvorgang —, ergeben sich die wirtschaftlichen Erschei-
nungen. Diese können aber nur in Tausch- und Preisbildung beste-
hen, wie wir später / genauer sehen werden (aber hier noch nicht
weiter verfolgen wollen); andererseits entstehen sie, ohne daß die
einzelnen Menschen als solche sie beabsichtigt hätten. Das Geld z. B.
ist nach Adam Smith nicht dadurch entstanden, daß es jemand ab-
sichtlich erfand, einführte und staatlich einrichtete; sondern „auto-
matisch“, indem nämlich durch den Eigennutz der Einzelnen im
Naturaltausche die „absatzfähigste Ware“ (etwa Vieh oder Gold)
stets auch dann angenommen wurde, wenn man sie nicht selbst
brauchte. Jeder nahm sie an, um bei späteren Gelegenheiten die er-
wünschte Ware sicher eintauschen zu können. Die „tauschfähigste
Ware“ wurde dadurch allgemeinstes Tauschmittel, das heißt Geld.
Sämtliche allgemeinen Wirtschaftserscheinungen entstehen auf diese
Weise aus dem individuellen Eigennutze „automatisch“, das heißt
aber nichts anderes als: n a c h m e c h a n i s c h e r A r t , mit me-
chanischer, mit naturgesetzlicher Notwendigkeit.
Bei diesem Punkte müssen wir näher verweilen, da er für das
oben schon gekennzeichnete V e r f a h r e n , das wissenschaftliche